Full text: Modernes Lehrbuch für Deutsche Staatskunde.

A. Deutsches Staatsrecht. 
® RV Art. 57. 
Dieser Artikel findet auch 
auf Bayern Anwendung. 
Zwar ist das Gesetz, 
die Verpflichtung zum 
Kriegsdienste betreffend, 
vom 9. November 1867 
zur Zeit in Bayern noch 
nicht eingeführt, allein 
es kann mit wenigen, 
die Militärhoheit und 
das Verordnungsrecht 
betreffenden 
Modifikationen jeden 
Augenblick daselbst in 
Wirksamkeit gesetzt 
werden (vergleiche die 
Rede des Präsidenten 
des Bundeskanzleramtes 
vom 5. Dez. 1870 Sten. 
Ber. S. 69). Das bayrische 
Wehrverfassungsgesetz 
vom Jahre 1868 beruht 
übrigens, abgesehen von 
den Bestimmungen über 
die Dienstzeit, auf den 
nämlichen Grundsätzen 
wie das eben erwähnte 
norddeutsche Bundesgesetz. 
Für Württemberg besteht 
hinsichtlich dieses Artikels 
keine Ausnahme. 
Landesverfassungen) in Verbindung mit Gesetzen (Reichs- 
und Landesgesetzen). 
Da die Reichsverfassung lediglich die allgemeine 
Wehrpflicht als Pflicht jedes Deutschen beinhaltet, 
ergeben sich die meisten Pflichten aus den Landesverfas- 
sungen in Verbindung mit Gesetzen. Zwei der Pflichten, 
die Wehr- und die Schulpflicht werden im folgenden über 
die Rechtskreise, Bund und Länder, sprich Reich und 
Einzelstaaten, hinweg dargestellt. So soll ein Eindruck 
davon vermittelt werden, wie nun die Kompetenz des 
Reiches und die der Einzelstaaten vielfach ineinanderge- 
schlungen sind und die Einzelstaaten auch auf den dem 
Reich zugewiesenen Gebieten des Staatslebens regelmäßig 
Selbstverwaltung haben. (Laband) 
20.1. Die Wehrpflicht. 
Vieles ist reichseinheitlich geregelt. Die Wehrpflicht 
gehört (weitgehend) dazu. Die Verbindungen beider 
Rechtskreise gestaltet sich wie folgt: 
Als Deutscher mit Staatsangehörigkeit in Preußen 
und damit gleichsam mit Reichsangehörigkeit, besteht 
theoretisch in beiden Rechtskreisen die Wehrpflicht. Die 
Wehrpflicht ist in jedem der beiden Rechtskreise geregelt. 
Da die Reichsgesetze — wenn sie das gleiche regeln - den 
Landesgesetzen der Einzelstaaten vorgehen (Regel: Reichs- 
recht bricht Landrecht.), gilt folgendes: 
„Jeder Deutsche ist wehrpflichtig und kann sich in 
Ausübung dieser Pflicht nicht vertreten lassen.“ 
In Verbindung mit 
(Reichs-)Gesetz, betreffend die Verpflichtung zum Kriegs- 
dienste. Vom 9. November 1867. 
Seite 50 | Pflichten auf Grundlage der Rechtskreise Reich und Land.
	        
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