70 Turnen.
12. Turnen.
Das Turnen in den Schulen soll die leibliche Entwickelung der
Jugend fördern, insbesondere die Gesundheit stärken, den Körper an
eine gute Haltung gewöhnen, seine Kraft und Gewandtheit vermehren
und ihn zugleich mit Fertigkeiten ausstatten, die für das Leben, be-
sonders für den Dienst im vaterländischen Heere, von Wert sind.
Gleichzeitig soll das Turnen den Charakter bilden, indem es
Frische des Geistes, Vertrauen in die eigene Kraft, Entschlossenheit,
Mut und Ausdauer fördert und zu williger Unterordnung unter die
Zwecke der Gemeinschaft erzieht. „
Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn der Turnunter-
richt auf Grund eines bestimmten Lehrplanes so erteilt wird, daß
der Ubungsstoff in stufenmäßiger Folge und angemessenem Wechsel ein
regelmäßiges Fortschreiten aller Schüler sichert, diese selbst aber an-
gehalten werden, alle Ubungen, namentlich die grundlegenden, genau
und mit Anspannung aller Kräfte in möglichst schöner Haltung aus-
zuführen. Damit ist nicht ausgeschlossen, vielmehr liegt es in der
Natur der Sache selbst, daß das Turnen mit frischem, fröhlichem
Sinne betrieben wird und der Jugend die Lust gewährt, welche das
Gefühl gesteigerter Kraft, erhöhter Sicherheit in der Beherrschung und
dem Gebrauche des Körpers sowie vor allem das Bewußtsein jugend-
licher Gemeinschaft zu edlen Zwecken mit sich führt.
Es ist möglichst im Freien zu turnen.
Betreffs der turnerischen Befehlsformen und der Turnsprache
überhaupt ist der Leitfaden für den Turnunterricht in den preußischen
Volksschulen von 1895 maßgebend. Mithin sind (nach § 12) bei den
Ordnungsübungen in militärischer Form die militärischen Befehle an-
duwenden. .
In den unteren und mittleren Klassen ist das Turnen in Form
von Gemeinübungen unter unmittelbarer Leitung des Lehrers zu be-
treiben. In den oberen Klassen ist Riegenturnen zulässig, wenn es
möglich ist, durch besondere Anleitung tüchtige Vorturner auszubilden.
Bei der großen Ungleichheit der körperlichen Leist ungsfähigkeit
gleichnamiger Klassen und bei der örtlichen Verschiedenheit in der Ab-
grenzung der einzelnen Turnabteilungen erscheint es nicht zweckmäßig
eine allgemein verbindliche Verteilung des Lehrstoffes vorzuschreiben.
Für die Aufstellung des Lehrplanes bei den einzelnen Anstalten ge-
nügt es hervorzuheben, daß in den unteren Klassen Ordnungs= und
Freiübungen sowie ÜUbungen mit Holz= oder leichten Eisenstäben neben
einfachen Gerätübungen vorzugsweise zu pflegen sind, während in den
oberen Klassen neben Ubungen mit schwereren Handgeräten (Eisenstäben,
Hanteln usw.) die Gerätübungen vorherrschen sollen.