Lehrplan des Gesangunterrichtes an den höheren Lehranstalten usw. 79
die entsprechenden Pausen. Die Triolen. Seltener vorkommende
Taktarten. Die chromatische Leiter und die enharmonische Verwechs-
lung. Die Molleiter; Unterscheidung der großen und kleinen Terz
und Sext. Eingehenderes über Rhythmus, Tempo und Dynamik.
Fortsetzung der Gehörübungen durch übertragen von Ton= und
Tonwertfolgen in die Notenschrift (Diktat). Weitere rhythmische
Übungen und Übungen zur Vervollkommnung der Tonbildung, Aus-
sprache und Atmung. Einführung in die Zweistimmigkeit.
Zweistimmige Gesänge in harmonischer und polyphoner Stimm-
führung.
3. Gemischter Chor.-)
Aus den gesanglich und musikalisch befähigten Schülern der
Klassen IV—I wird an neunklassigen Anstalten stets und an sechs-
klassigen Anstalten, wenn es die Verhältnisse gestatten, ein gemischter
Chor zusammengestellt; es werden wöchentlich in je einer Stunde die
Knaben= und die Männerstimmen gesondert unterrichtet, und außerdem
übt in einer Stunde der gesamte Chor, so daß also auf den gemischten
Chor wöchentlich 3 Stunden verwendet werden, kein Schüler aber an
mehr als 2 Stunden teilzunehmen hat. Es ist gestattet, begabtere
Schüler der VI und V mit ausdrücklicher Zustimmung der Eltern
im Chor mitsingen zu lassen.
Zu üben sind Volkslieder und volkstümliche Lieder, Choräle,
Hymnen und Motetten ohne Begleitung eines Instruments und in
beschränktem Maße Kantaten, Chöre und andere Kompositionen, die
eine Begleitung erfordern.
Im Zusammenhang mit den einzelnen Gesangwerken, zum Teil
im Verlaufe des Einübens selbst sind die Schüler im sicheren Hören
von Harmonien, von konsonanten und dissonanten Akkorden auszu-
bilden und ebenso über den Aufbau der Form zu unterrichten. Da-
neben können kurze Bemerkungen über bedeutende musikalische Werke,
Komponisten und mufsikgeschichtliche Zusammenhänge gegeben werden.
4. Halbjährlich werden die Schüler der oberen Klassen, die aus
dem Stimmwechsel ausgetreten sind, auf ihre Singfähigkeit geprüft
und die dazu geeigneten dem Chor überwiesen.
Berlin, den 21. Juli 1910.
Der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten.
von Trott zu Solz.
*) Die für das Singen beanlagten Schüler von IV an aufwärts sind
zur Teilnahme am Chorsingen verpflichtet.