Full text: Lehrpläne und Lehraufgaben für die höheren Schulen in Preußen von 1901.

98 Ordnung der Reifeprüfung. 
Schlusse des Schulhalbjahres unter Darlegung seines Bildungsganges, 
der die letzten Schul= und Privatzeugnisse über den empfangenen 
Unterricht beizufügen sind, und unter Ausweis über sein sittliches Ver- 
halten das Gesuch um Zulassung zur Prüfung an das Königliche 
Provinzial-Schulkollegium zu richten, dessen Amtsbereiche er durch 
den Wohnort der Eltern oder durch den Ort der von ihm zuletzt 
besuchten öffentlichen Schule angehört; dabei ist bestimmt anzugeben, 
ob und wo er schon früher den Versuch gemacht hat, das Reife- 
zeugnis zu erwerben. Sofern die Nachweisungen als ausreichend be- 
sunden sind (vergl. auch Nr. 7), wird er von dem Königlichen Pro- 
vinzial -Schulkollegium einem Gymnasium bezw. einem Realgymnasium 
oder einer Oberrealschule der Provinz zur Prüfung überwiesen. 
2. Deutsche Reichsangehörige, welche weder durch die Staats- 
angehörigkeit noch durch den jeweiligen Wohnsitz ihrer Eltern oder 
deren Stellvertreter auf den Besuch einer preußischen Anstalt an- 
gewiesen sind, bedürfen (vergl. § 4, 3), wenn sie, ohne Schüler der 
Anstalt zu sein, das Reifezeugnis erwerben wollen, für die Meldung 
zur Reifeprüfung der Erlaubnis der Unterrichtsverwaltung des Staates, 
dem sie angehören. 
3. Wer früher die Prima oder Obersekunda eines Gymnasiums, 
eines Realgymnasiums oder einer Oberrealschule besucht hat, darf zur 
Reifeprüfung erst zugelassen werden, wenn mit Ablauf des Halbjahres, 
in welchem er sich meldet, von dem Zeitpunkt an gerechnet, in welchem 
seine Versetzung in die Oberprima erfolgt ist oder möglich gewesen 
wäre, mindestens ein Jahr verflossen ist. Die Bestimmungen in § 4, 2 
finden auch hierbei sinngemäße Anwendung. 
4. Das Königliche Provinzial-Schulkollegium ist verpflichtet, 
wenn der Bittsteller bereits in einer anderen Provinz erfolglos 
versucht hat, das Reifezeugnis zu erwerben, bei dem Koöniglichen 
Provinzial-Schulkollegium dieser Provinz anzufragen, ob etwa dort 
Bedenken gegen die Zulassung zu erheben sind, die aus den Zeug- 
nissen nicht erhellen. 
5. Für die Prüfung sind die §§ 3 bis 15 mit folgenden be- 
sonderen Bestimmungen maßgebend. 
Für die schriftlichen Prüfungsarbeiten sind andere Aufgaben zu 
stellen, als die Schüler der betreffenden Anstalt erhalten. 
Eine Ausschließung oder eine Befreiung von der mündlichen 
Prüfung findet nicht statt. 
Die mündliche Prüfung ist getrennt von derjenigen der Schüler 
der Anstalt abzuhalten. Zu den in § 5, 3 bezeichneten Gegenständen 
kommt hinzu die deutsche Literatur und die Erdkunde, ferner bei den 
Gymnasien die Phyfik.
	        
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