89. Das Staatsgebiet. 91
Ufern errichteten Strandbatterien noch erreicht wird. Hinter dieser
Linie, dem festen Lande zu, liegt die geschlossene Bucht; vor dieser
Linie, gegen das offene Meer zu, beginnen die Küstengewässer.
Teilweise abweichend bestimmt der oben (S. 85) erwähnte
Art. 2 des Vertrages der Nordseestaaten vom 6. Mai 1882 in seinem
zweiten Absatz: „In den Buchten ist das Gebiet der drei See-
meilen von einer geraden Linie ab zu rechnen, welche in dem
dem Eingang der Bucht zunächst gelegenen Theile von einem Ufer
derselben zum anderen da gezogen gedacht wird, wo die Öffnung
zuerst nicht mehr als 10 Seemeilen beträgt.“
Viel weitergehende Ansprüche auf die Baien und Buchten
(kings chambers) sind von englischer Seite wiederholt erhoben,
von den übrigen Mächten aber nicht anerkannt worden. Danach
sollte das ganze Wassergebiet, das zwischen den am meisten vor-
springenden Landspitzen gelegen ist, als Eigengewässer der vollen
Herrschaft des Uferstaates unterworfen sein.
VI. Die Gebietshoheit umfaßt auch die nationalen Staatsschiffe, die
auch in fremden Küsten- und Eigengewässern von der Staatsgewalt
des Aufenthaltstaates befreit sind, sowie die nationalen Handelsschiffe
auf offener See.’
Es ist daher nicht nur grundsätzlich die Ausübung jeder
Staatshoheit durch einen andern als denjenigen Staat ausgeschlossen,
dem das Schiff seiner Flagge nach angehört, sondern die Schiffe
gelten überhaupt und in allen Beziehungen als „schwimmende
Gebietsteile* (territoire flottant) dieses Staates. Das an Bord
eines französischen Schiffes auf offener See geborene Kind ist in
Frankreich geboren, die abgeschlossenen Verträge sind in Frank-
reich geschlossen, die begangenen Delikte in Frankreich begangen.
Flüchtet sich ein Verbrecher auf ein solches Schiff, so gelten für
seine Auslieferung (von dem Hausrecht des Kapitäns abgesehen)
10) Ferber, Internationale Rechtsverhältnisse der Kriegs- und Handels-
schiffe im Krieg und Frieden. 1895. Stoerk, H.H. 11434. Perels, L.A.
I 461, 677. de Witt-Hamer, R.J. XXXVI 390. Verhandlungen des
Instituts für Völkerrecht von 1897 (annuaire XV]).