811. Das Staatsvolk. 105
deutscher Truppen jederzeit gestatten, hier keinerlei Maßnahmen
oder Anordnungen ohne Zustimmung der deutschen Regierung
treffen und insbesondere einer Regelung der Wasserläufe keine
Hindernisse in den Weg legen. China behält sich aber in diesem
Gebiete alle Rechte der Souveränität vor, so auch das Recht, im
Einvernehmen mit der deutschen Regierung in dieser Zone Truppen
zu stationieren, sowie andere militärische Maßregeln zu treffen.
Daraus ergibt sich, daß das Deutsche Reich zwar nicht in der
50 km-Zone, wohl aber in dem Gebiete der Bucht von Kiautschou
die uneingeschränkte Souveränität erworben hat.1?
III.
$ 11. Das Staatsvolk.!
I. Staatsvolk ist die Gesamtheit der Staatsangehörigen. Diese stehen
unter der Staatsgewalt ihres Heimatsstaates nicht kraft der Gebiets-
hoheit dieses Staates, sondern kraft des innigeren Bandes der Staats-
zugehörigkeit, das sie, aueh wenn sie sich in der Fremde aufhalten,
an die heimatliche Staatsgewalt knüpft. Auch in der Fremde sind sie
der Befehlsgewalt des Heimatsstaates unterworfen, die freilich in die
Gebietshoheit des Aufenthaltsstaates nieht eingreifen darf und so der
Zwangsgewalt entbehrt; und gerade in der Fremde stehen sie unter
der Schutzgewalt ihres Vaterlandes.
13) Abweichend auch hier Jellinek in der deutschen Juristenzeitung
III 253, sowie Rehm 82. Die Ansicht des Textes teilt Laband, Staats-
recht 4. Aufl. II 274, der aber ein Heimfallsrecht Chinas annimmt. — Der
Allerhöchste Erlaß vom 27. April 1898 (R.G.Bl. S. 171) erklärt, daß das
Gebiet von Kiautschou „in deutschen Besitz übergegangen‘' sei, stellt sich
also zweifellos auf den im Text vertretenen Standpunkt. — Der Vertrag
selbst ist abgedruckt bei Zorn, Deutsche Kolonialgesetzgebung. 1901. S. 48
sowie N.R.G. 2.8. XXX 326.
1) v.Martitz, Das Recht der Staatsangehörigkeit im internationalen
Verkehr. 1875. Stoerk, R.G. II 273. Derselbe H.H. 1585. Cahn,
Das Reichsgesetz vom 1. Juni’ 1870. 2. Aufl. 1896. Cogordan, De la
nationalitö au point de vue des rapports internationaux. 2. Aufl. 1890.
Berney, La nationalitö & l’Institut de Droit international. 1897. Weiß,
Traitö thöorique et pratique de Droit international prive. 1.Bd. 1892.