118 II. Buch. Der völkerrechtliche Verkehr der Staaten im allgemeinen.
3. Der Regent, der für das verhinderte Staatshaupt die
Regierungsgeschäfte führt, genießt dieselben Rechte wie dieses.
4. Wenn das Haupt eines Staates in die Dienste eines
fremden Staates tritt, so ist es in allen Rechtsbeziehungen,
welche diese Stellung mit sich bringt, der Staatsgewalt des dienst-
herrlichen Staates unterworfen. Daß eine solche Zwitterstellung
zu verschiedenen Unzuträglichkeiten führen kann, ist zweifellos;
aber ebenso sicher, daß sie wiederholt vorgekommen ist und noch
immer vorkommen kann. Die von dem Reichskanzler Grafen
Caprivi im Deutschen Reichstag am 5. Februar 1894 aufgestellte
Behauptung, daß ein deutscher Landesherr nicht zugleich Untertan
einer fremden Macht sein könne, wird durch die Geschichte wider-
legt, die zahlreiche deutsche Landesherren im österreichischen
und preußischen Militärdienst gesehen hat.®
5. Die mit der Exterritorialität gegebene Rechtsstellung ent-
fällt, wenn und solange das Staatshaupt auf fremdem Staatsgebiet
sich „incognito“ aufhält, d. h. von seiner Stellung als Staats-
haupt keinen Gebrauch macht.
II. Der Inhalt der Exterritorialität.
Da der Aufenthalt des Staatshauptes auf fremdem Staatsgebiet
eine Ausnahme darstellt, während er für die diplomatischen Ver-
treter die Regel bildet, hat sich geschichtlich die Lehre von der
Exterritorialität des Staatshauptes im Anschluß an die der diplo-
matischen Vertreter entwickelt. Dort, wo von dieser gesprochen
wird (unten $ 14 VI), ist daher auch wissenschaftlich der „Sitz
der Materie“, so daß hier eine allgemeine Übersicht genügt.
Die Exterritorlalität des Staatshauptes umfaßt:
1. Die persönliche Unantastbarkeit:
Das Staatshaupt ist auf fremdem Staatsgebiet in Friedens-
zeiten unverletzlich, sakrosankt; nur die äußerste Not würde die
Anwendung von Gewalt rechtfertigen. Anders im Krieg (unten
$ 40.
3) Vergl. R.G. I 154. Gegen den Text Hübler, Völkerrechtliche
Magistraturen. 1900. S. 106.