Full text: Das Völkerrecht.

82. Die Quellen des Völkerrechts. 11 
Teil ergibt sich die Gliederung durch den tiefgreifenden Unter- 
schied, den Krieg und Frieden in den völkerrechtlichen Beziehungen 
der Staaten begründen. Das dritte Buch ist daher der Darstellung 
der friedlichen, das vierte der Darstellung der feindlichen 
Beziehungen der Staaten gewidmet. In dem dritten Buch finden 
die Staatenverbindungen zur gemeinsamen Verfolgung gemeinsamer 
Ziele (oben S. 3) ihren Platz. 
Diese Einteilung soll jedoch nur den allgemeinen Rahmen, 
nicht aber ein Zwangsbett für die Darstellung, bilden. Wichtiger 
als die Folgerichtigkeit und Geschlossenheit des Systems ist der 
innere Zusammenhang verwandter Lehren. Daher enthält das erste 
Buch auch solche Rechtssätze, die nicht unmittelbar aus dem 
Staatsbegriff sich ergeben, wohl aber als vereinbarte Rechtesätze 
eine Weiterbildung jener primären Rechtssätze darstellen. 
82. Die Quellen des Völkerrechts.! 
I. Das Völkerrecht beruht auf der übereinstimmenden Bechts- 
überzeugung der Kulturstaaten,? soweit sieh diese zur Erklärung des 
gemeinsamen Rechtswillens verdichtet hat. Diese Erklärung Kußert 
sich zum weitaus größeren Teile als Reehtsübung, zum kleineren als 
ausdrückliche Rechtssatzung. 
1. Gewohnheitsrecht (ungesetztes Recht) ist die tatsächliche 
Übung als Kundgebung des Rechtsbewußtseins (opinio juris sive neces- 
sitatis). Dieses Erfordernis fehlt einerseits bei Handlungen der 
Höflichkeit (comitas gentium, courtoisie internationale), andrerseits 
bei Handlungen, die im Notstand vorgenommen werden (Notakte). 
Doch führt die Entwicklung dazu, Handlungen der Höflichkeit all- 
  
1) Bergbohm, Staatsverträge und Gesetze als Quellen des Völker- 
rechts. 1877. Triepel, Völkerrecht und Landesrecht. 1899. Kaufmann, 
Die Rechtskraft des internationalen Rechts nach dem Verhältnis der Staaten- 
gesetzgebung und der Staatsorgane zu demselben. 1899. 
2) An die Rechtsüberzeugung als die letzte Erzeugungsquelle 
des Rechts denkt man, wenn man ungenau die necessitas (Gareis) oder 
die Anerkennung (v. Holtzendorff) unter den Erkenntnisquellen des 
Völkerrechts anführt.
	        
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