8 31. Öffentliches Recht, Privatrecht, Strafrecht. 257
der Auffassung des Staates, auf dessen Gebiet sie erfolgen soll,
geeignet erscheint, seine Hoheitsrechte zu verletzen oder seine
Sicherheit zu gefährden (Art. 2), nicht aber, wenn sie dem innern
Recht dieses Staates widerspricht. Soweit nach der Gesetzgebung
der beteiligten Staaten oder den zwischen ihnen bestehenden be-
sonderen Vereinbarungen ein einfacheres Zustellungsverfahren vor-
gesehen ist, soll es dabei sein Bewenden haben (Art. 4).
b) Das Ersuchen um Rechtshilfe. Entsprechend der bis-
herigen Übung der meisten Kulturstaaten wird den Gerichten eines
jeden der Vertragsstaaten das Recht eingeräumt, die zuständige Be-
hörde eines andern Vertragsstaates um die Vornahme von richter-
lichen Handlungen (Beweisaufnahmen, Parteivernehmungen, Eides-
‚abnahmen usw.) zu ersuchen (Art. 5). Die ersuchte Behörde darf
.das Ersuchen nur ablehnen, wenn die Echtheit der Urkunde nicht
feststeht, wenn in dem ersuchten Staat die verlangte Handlung
‘nicht in den Bereich der Gerichtsgewalt fällt, oder, wenn sie ge-
.eignet erscheint, seine Hoheitsrechte zu verletzen oder seine Sicher-
"heit zu gefährden (Art. 7). Die ersuchte Behörde hat bei Aus-
führung der verlangten Handlung die Prozeßgesetze ihres Landes
zu beachten. Auf besonderen Wunsch der ersuchenden Behörde
können jedoch auch abweichende Formen desVerfahrens angewendet
werden, vorausgesetzt, daß diese nicht gegen inländische Verbots-
gesetze verstoßen (Art. 10).
c) Die Prozeßkosten. Angehörige der Vertragsstaaten
werden, vorausgesetzt, daß sie in einem der Vertragsstaaten ihren
Wohnsitz haben, von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für
die Prozeßkosten befreit (Art. 11). Andrerseits sind die Entschei-
dungen, durch welche der befreite Kläger in die Prozeßkosten
verurteilt wird, in jedem der anderen Vertragsstaaten durch die
zuständige Behörde nach Maßgabe ihrer Gesetze für vollstreckbar
zu erklären (Art. 12).
d) Das Armenrecht. Die Angehörigen eines jeden Vertrags-
staates werden in allen anderen Vertragsstaaten den Staatsangehörigen
gleichgestellt (Art. 14 bis 16).
v. Liszt, Völkerrecht. 4. Aufl. 17