14 Einleitung.
Glieder der Völkerrechtsgemeinschaft, entstandenen Rechtssätze
bilden das allgemeine Völkerrecht: man denke an die Unverletz-
lichkeit der Gesandten oder an die Satzungen des Weltpostvereins.
Vereinbarungen einzelner Staaten binden zunächst nur diese, lassen
also nur partikulares Völkerrecht entstehen. Aber dieses wird
zum allgemeinen durch die, wenn auch nur stillschweigende, An-
erkennung der übrigen Staaten. Beispiele bieten die Neutralisierung
Belgiens, die Internationalisierung des Suezkanals, die Pariser See-
rechtsdeklaration usw.’
IV. Eine allgemeine Kodifikation des Völkerreehts ist in der
Literatur seit Bentham durch eine ganze Reihe von Schriftstellern
vorgeschlagen worden, insbesondere 1872 durch den nachmaligen
Präsidenten des Instituts für Völkerrecht, den Rechtslehrer und
Staatsmann Mancini, in seiner in italienischer Sprache geschrie-
benen Schrift über den Beruf unseres Jahrhunderts zur Reform und
Kodifikation des Völkerrechts und zur Regelung eines internatio-
nalen Streitverfahrens. Unter den literarischen Versuchen, die
Rechtssätze des Völkerrechts in der Gestalt eines Gesetzbuches dar-
zustellen, sind zu erwähnen: Bluntschli, Das moderne Völker-
recht als Rechtsbuch dargestellt 1868, 3. Aufl. 1878; Dudley-
Field, Draft outlines of an International Code 1872; Fiore, Il
diritto internazionale codificato e la sua sanzione giuridica 1890,
2. Aufl. 1898. Wertvolle Vorarbeiten lieferte das 1873 gegründete
Institut für Völkerrecht und die aus demselben Jahre stammende
Assoziation für die Reform und Kodifikation des Völkerrechts (seit
1895 als Association de droit international. Die Arbeiten des
erstgenannten Instituts sind seit 1877 in einem „Annuaire“ nieder-
gelegt.
Über die Versuche, einen Teil des Kriegsrechts in Gesetzes-
form zu bringen, vergl. unten im vierten Buch.
7) Unzutreffend Triepel 83, der das allgemeine Völkerrecht über-
haupt in Abrede stellt und nur partikulares Völkerrecht anerkennt.