282 II. Buch. Regelung und Verwaltung gemeinsamer Interessen.
etwa wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer solchen Religion oder
Konfession ungünstiger als Andersgläubige behandelt werden. In
den Verträgen mit den süd- und mittelamerikanischen Staaten
wird aber die Religionsfreiheit in dem eben umschriebenen Sinne
vielfach noch ausdrücklich vereinbart (oben $ 25 II 3). Dasselbe
ist auch in Art. I Abs. 4 des deutsch-japanischen Handelsvertrages
vom 4. April 1896 (R.G.Bl. S. 715; abgedruckt im Anhang) ge-
schehen. Überhaupt ist anzunehmen, daß im Verhältnis zu den
nichtchristlichen Staaten die Freiheit der Religionsübung ausdrück-
licher und besonderer Vereinbarung bedarf.
2. Über die Wahrung der Interessen der eigenen Staatsangehörigen
hinausgehend, hat der Berliner Kongreß von 1878 die Balkanstaaten
verpfliehtet, die Gleichheit der Beligionsbekenntnisse in Gesetzgebung
und Verwaltung ausnahmslos durchzuführen.
Vergl. den (im Anhang abgedruckten) Artikel 5 Abs. 2, 3 für
Bulgarien.
Ähnliche Bestimmungen finden sich in den Artikeln 27 für
Montenegro, 35 für Serbien, 44 für Rumänien.
3. Dieselbe Verpflichtung wurde, wenn auch in anderer Fassung,
durch den Berliner Kongreß von 1878 der Türkei auferlegt.'
Vergl. den (im Anhang abgedruckten) Artikel 62.
Umgekehrt hat Österreich-Ungarn in dem Vertrag mit der Türkei
vom 21. April 1879 (Art. 2) allen Bewohnern der besetzten Provinzen
die freie Religionsübung zugesichert.
4. Auch Art. 6 Abs. 8 der Kongoakte vom 26. Februar 1885
(B. 6. Bl. S. 215) gewährleistet die Religionsfreiheit:
„Gewissensfreiheit und religiöse Duldung werden sowohl den
Eingeborenen wie den Landesangehörigen und Fremden ausdrück-
lich gewährleistet. Die freie und öffentliche Ausübung aller Kulte,
1) Bezüglich Armeniens vergl. Art. 61 des Berliner Vertrags von 1878
(oben S. 67). Das diplomatische Material über die armenischen Wirren der
neunziger Jahre ist abgedruckt N.R.G. 2. s. XXVII 511, XXVIIL 118. —
Vergl. auch v. Verdy du Vernois, Die Frage der heiligen Stätten. Ein
Beitrag zur Geschichte der völkerrechtlichen Beziehungen der Ottomanischen
Pforte. Dissert. 1901.