18 Einleitung.
II. Periode: von 1648 bis 1814/15.
1. Das 18. Jahrhundert brachte den Entscheidungskampf um
die Großmachtstellung der europäischen Mächte und die Ausdehnung
des Völkerrechts weit über die westeuropäischen Grenzen hinaus.
Frankreich, in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts
durch die Eroberungskriege und die macchiavellistische Politik Lud-
wigs XIV. auf den Höhepunkt der Macht und des Einflusses ge-
bracht, verlor im Laufe des 18. Jahrhunderts seine beherrschende
Stellung völlig. England, das unter Cromwell durch die Navi-
gationsakte von 1651 und durch Waffengewalt die holländische
Machtstellung empfindlich geschmälert hatte, vernichtete im Kriege
gegen Frankreich und Spanien die spanische Seemacht und ge-
langte im Frieden zu Paris 1763 zu der seither eifersüchtig be-
wahrten Stellung als erste alle Meere beherrschende Seemacht
(Merkantilismus). In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts begründete
es seine Herrschaft in ÖOstindien und 1788 begann es die Koloni-
sierung Australiens. Schweden hatte seit der Schlacht bei Pul-
tawa 1709 seine bisherige Übermacht eingebüßt, und Rußland
trat mit dem Nystädter Frieden 1721 in die Reihe der europäischen
Großmächte ein. Mit dem Frieden von Kutschuck Kainardsche 1774
erlangte Rußland das Schutzrecht über die Donaufürstentümer Moldau
und Walachei und damit der Türkei gegenüber die führende Rolle
unter den christlichen Mächten, die es bis zum Krimkrieg be-
hauptete und verstärkte; zugleich sicherte es sich die freie Schiff-
fahrt auf allen türkischen Meeren. Preußen aber, die jüngste
der westeuropäischen Großmächte, legte nicht nur durch siegreiche
Kriege, sondern ganz besonders durch die sorgfältige Ausbildung
seiner Verwaltung im Innern die festen Grundlagen für seine
künftige glänzende Entwicklung; seit dem Aachener Frieden 1748
ist seine Stellung innerhalb der Großmächte unbestritten. Der
Versailler Friede 1783 endlich brachte die Anerkennung der von
dem englischen Mutterlande losgelösten 13 nordamerikanischen
Kolonien als eines neuen Großstaates, der sich sofort den Grund-
sätzen des europäischen Völkerrechts durch feierliche Erklärung