Full text: Das Völkerrecht.

839. Der Krieg als völkerrechtliches Rechtsverhältnis. 319 
auch als bedingte Erklärung, für den Fall der Nichterfüllung einer 
bestimmten Forderung, abgegeben werden (Ultimatum); sie kann 
auch betagt sein. Eine Erklärung, die, ohne zur Kenntnis des 
Gegners gebracht zu werden, nur den eigenen Staatsangehörigen 
oder dritten Mächten gegenüber erfolgt, begründet den Kriegszustand 
dem Gegner gegenüber nicht. Andererseits ist Verständigung der 
Neutralen zwar wünschenswert, aber nicht erforderlich; die Rechte 
und Pflichten der Neutralität treten auch ohne solche Mitteilung 
ohne weiteres ein. 
Die ausdrückliche Kriegserklärung ist, obwohl in der völker- 
rechtlichen Literatur das Gegenteil vielfach behauptet wird und 
auch in den meisten Kriegen des 19. Jahrhunderts eine ausdrück- 
liche Erklärung stattgefunden hat, nicht unbedingt erforderlich. 
Sie wird ersetzt durch den Beginn der Feindseligkeiten. Doch 
genügt einseitige Waffengewalt nicht; gewaltsame Abwehr des 
Angriffs durch den Angegriffenen (vis mutua) ist vielmehr er- 
forderlich, um den Kriegszustand zu erzeugen. Der Angriff der 
Japaner auf die russische Flotte zu Port Arthur in der Nacht vom 
8. auf den 9. Februar 1904 entsprach daher nicht nur dem Ver- 
halten Japans im Jahre 1894, sondern auch den strengen Regeln 
des Völkerrechts. 
2. Der Kriegszustand äußert seine Wirkung: 
a) In staatsrechtlicher Beziehung auf das Verhältnis der Btaats- 
gewalt zu den ihr unterworfenen Personen. 
Hierher gehören: Der Eintritt des Kriegs- oder Standrechts; 
die Zurückberufung der im Ausland weilenden Staatsangehörigen 
und die Versagung der Entlassung aus dem Staatsverband; das 
Verbot des Handels mit den Angehörigen des Gegners; Ausfuhr- 
verbote von Pferden, Nahrungsmitteln usw. Diese rein staatsrecht- 
lichen Wirkungen können auch durch einseitigen Akt der Staats- 
gewalt begründet werden. 
b) In völkerrechtlicher Beziehung auf das Verhältnis der beiden 
Staaten zueinander.
	        
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