Full text: Das Völkerrecht.

322 IV.Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung. 
2. Der Friedensvertrag steht unter denselben völkerrechtlichen 
Bechtsregeln wie jeder andere Staatsvertrag. 
Dies gilt insbesondere von der Berechtigung des Staatsober- 
hauptes, den von ihm beherrschten Staat zu binden (oben $ 13). 
Daß das in Kriegsgefangenschaft geratene Staatsoberhaupt einen 
verbindlichen Friedensvertrag schließen kann, wurde bereits oben 
& 20 II 6 hervorgehoben. Häufig pflegt dem eigentlichen Friedens- 
vertrag ein Präliminarfrieden voranzugehen. So bildeten die Ver- 
sailler Friedenspräliminarien vom 26. Februar 1871 die Grundlage 
für den Frankfurter Frieden vom 10. Mai 1871; der russisch- 
griechische Präliminarfrieden vom 18. September 1897 die Grund- 
lage für den definitiven Friedensvertrag vom 14. Dezenber 1897. 
Die Bedeutung des Präliminarfriedens liegt in der bindenden Fest- 
legung der Grundlagen für den Definitivfrieden; neue Ansprüche 
des Siegers sind mithin ausgeschlossen; die Zugeständnisse des 
Besiegten dürfen nicht widerrufen werden. 
8. Die allgemeine und grundsätzliche Wirkung des Friedens- 
sehlusses ist zunächst die Beendigung des Streites zwischen den Krieg- 
führenden, die Erledigung des casus belli, die Wiederherstellung der 
völkerrechtlich geregelten friedlichen Beziehungen; ferner aber bewirkt 
der Friedensschluß, daß die durch den Kriegszustand begründeten 
Rechte und Pflichten der Neutralen wieder hinwegfallen. 
Insoweit also tritt der frühere Rechtszustand wieder in Kraft 
(sogenanntes postliminium). Die frühere Staatsgewalt übernimmt 
die Leitung der Staatsgeschäfte in den vom Feinde besetzt ge- 
wesenen Gebietsteilen (unten $ 40 VI); die Gefangenen werden frei; 
das mit Beschlag belegte bewegliche und unbewegliche Gut kehrt 
an den Eigentümer zurück. Doch behalten die nach Kriegsrecht 
erfolgten Rechtshandlungen ihre Rechtswirksamkeit. Und die durch 
den Krieg aufgehobenen Verträge treten, von besonderen Verein- 
barungen abgesehen, nicht wieder in Kraft (oben $ 21 IV 3). Der 
Einwand des Besiegten, daß er durch Gewalt zum Abschluß des 
Friedens gezwungen worden sei, ist ausgeschlossen; der Gedanke
	        
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