841. Fortsetzung. Der Seekrieg. 351
nahme durch die Kriegsschiffe (beziehungsweise Kaper) des Gegners
(unten 8 43 II).’
1. Nach Satz 2 und 3 der Pariser Seerechtsdeklaration vom
16. April 1856 wurde nur feindliches Gut unter neutraler Flagge sowie
neutrales Gut unter feindlicher Flagge für unverletzlich erklärt; damit
war die Wegnahme von feindlichem Gut unter feindlicher Flagge aufs
neue, wenn auch nur indirekt, anerkannt worden.
Die Unverletzlichkeit des Privateigentums im Seekrieg bildet
ein Lebensinteresse der kleineren Seemächte. Gerade darum konnte
sich Großbritannien bis zum heutigen Tage nicht dazu entschließen,
das Seebeuterecht aufzugeben, auf dessen Anwendung Preußen
und die Vereinigten Staaten schon im Ausgange des 18. Jahrhunderts
verzichtet hatten (Vertrag von 1785). Das war der Grund, wes-
halb die Vereinigten Staaten und andre Mächte sich geweigert
haben, der Pariser Deklaration beizutreten. Zu Beginn des letzten
deutsch-französischen Krieges hatte eine Verordnung des Nord-
deutschen Bundes vom 18. Juli 1870 bestimmt (B.G.Bl. S. 485):
„Französische Handelsschiffe sollen der Aufbringung und Wegnahme
durch die Fahrzeuge der Bundes-Kriegsmarine nicht unterliegen.
Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf diejenigen Schiffe,
welche der Aufbringung und Wegnahme auch dann unterliegen
würden, wenn sie neutrale Schiffe wären.“ Da aber Frankreich
am 21. Juli 1870 erklärte, sich die Wegnahme vorbehalten zu
wollen, und da ferner französische Schiffe (die Desaix) deutschen
Handelsschiffen gegenüber das Völkerrecht verletzten, wurde die
Bestimmung durch Verordnung vom 19. Januar 1871 (B.G.Bl. S. 8)
mit Wirkung vom 10. Februar ab wieder außer Kraft gesetzt. Tat-
sächlich wurden während des Krieges 75 deutsche Schiffe von den
französischen Kreuzern aufgebracht. Auch die Vereinigten Staaten
haben in dem spanischen Krieg von 1898 das Seebeuterecht aus-
geübt, es auch in ihren Naval War Code aufgenommen. Auf der
Haager Konferenz von 1899 wurde der „Wunsch“ ausgesprochen
7) Röpke, Das Seebeuterecht. 1904. (Rostocker rechtswissenschaft-
liche Studien, herausgegeben von Matthiass und Geffeken, 2. Bd. Nr. 7.)