352 IV.Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung.
(oben S. 33), daß eine spätere Konferenz sich mit der Frage be-
schäftigen möge.
Selbstverständlich kann die Anwendung des Prisenrechts durch
Staatsverträge für immer oder für einen bestimmten Krieg, ebenso
wie durch die nationale Gesetzgebung unbedingt oder unter Voraus-
setzung der Gegenseitigkeit ausgeschlossen werden. Vergl. den
Vertrag Italiens mit den Vereinigten Staaten vom 26. Februar 1871
und das italienische Handelsgesetzbuch vom 24. Oktober 1877
Art. 211.
Regelmäßig wird nach Ausbruch des Krieges den feindlichen
Schiffen eine bestimmte Frist gewährt, um sich in Sicherheit zu
bringen (Jndult). So haben die Vereinigten Staaten 1898 den in den
amerikanischen Gewässern weilenden spanischen Schiffen eine dreißig-
tägige Frist, Rußland 1904 den japanischen Schiffen eine Frist
von 48 Stunden zur Einnehmung der Ladung und zur Abreise offen-
gehalten. Schiffe, die vor Ablauf dieser Frist den feindlichen
Hafen verlassen oder vor Beginn der Frist ihre Reise angetreten
haben, bleiben in diesem Falle unbehelligt. Eine Rechtspflicht zur
Gewährung des Indults besteht jedoch, von besonderen Verein-
barungen abgesehen (oben $ 25 III 2), nicht; mit dem Beginn des
Kriegszustandes unterliegen die feindlichen Schiffe vielmehr der
Beschlagnahme (dem Embargo).
2. Die Wegnahme darf nur erfolgen, wenn sowohl Schiff als
Ladung feindlich sind.
a) Das Schiff ist feindlich, wenn es unter feindlieher Flagge
fährt, oder wenn es zu Unreeht die Flagge eines neutralen
Staates führt, während es die feindliche Flagge zu führen
rechtlich verpflichtet ist.
Denn nach dem allgemeinen Grundsatz des internationalen See-
rechts (oben $ 26 V I) bestimmt sich die Staatszugehörigkeit eines
Schiffes durch die Flagge, und über Recht und Pflicht der Flaggen-
führung entscheidet lediglich die nationale Gesetzgebung des Staates,
dessen Flagge das Schiff führt. Eine Ausnahme muß nur insoweit
gemacht werden, als die Schiffe derjenigen Mächte, die selbst keine