Full text: Das Völkerrecht.

Vertrag zwischen Deutschland u.s.w. und der Türkei vom 13. Juli 1878. 393 
Art. 20. Die zwischen der Pforte und den fremden Mächten geschlos- 
senen oder noch zu schliessenden internationalen Verträge, Uebereinkommen 
und Abmachungen, von welcher Art sie auch sein mögen, sollen in Ost- 
Rumelien wie im ganzen ÖOttomanischen Reich anwendbar sein. Die den 
Ausländern zustehenden Immunitäten und Privilegien, welches auch ihre 
Bedeutung sei, sollen in dieser Provinz aufrecht erhalten bleiben. Die Hohe 
Pforte verpflichtet sich, daselbst die allgemeinen Reichsgesetze über die 
religiöse Freiheit zu gunsten aller Kulte beobachten zu lassen. 
Art. 21. Die Rechte und Pflichten der Hohen Pforte bezüglich der 
Eisenbahnen in Ost- Rumelien werden in ihrer Gesammtheit aufrecht erhalten. 
Art. 22. Die Effectivstärke der russischen Besatzungstruppen in 
Bulgarien und Ost- Rumelien wird aus sechs Infanterie- und zwei Kavallerie - 
Divisionen bestehen und soll die Zahl von 50000 Mann nicht übersteigen. 
Die Unterhaltung derselben erfolgt auf Kosten dos besetzten Landes. Die 
Besatzungstruppen behalten ihre Verbindungen mit Russland nicht blos 
durch Rumänien gemäss den zwischen beiden Staaten zu treffenden Ab- 
machungen, sondern auch über die Häfen des Schwarzen Meeres, Varna 
und Burgas, woselbst sie während der Dauer der Besetzung die nöthigen 
Depots errichten dürfen. 
Die Dauer der Besetzung von Ost-Rumelien und Bulgarien wird auf 
neun Monate, vom Tage der Auswechselung der Ratifikations- Urkunden zu 
dem gegenwärtigen Vertrage ab gerechnet, festgesetzt. 
Die Kaiserlich russische Regierung verpflichtet sich, in einer weiteren 
Frist von drei Monaten den Durchmarsch ihrer Truppen durch Rumänien 
und die vollständige Räumung dieses Fürstenthuns zu beendigen. 
Art. 23. Die Hohe Pforte verpflichtet sich, auf der Insel Kreta das 
organische Reglenıent von 1868 gewissenhaft zur Anwendung zu bringen 
und dabei die etwa billig erscheinenden Abänderungen zu treffen. 
Analoge, den örtlichen Bedürfnissen anzupassende Bestimmungen 
sollen, ausgenommen bezüglich der Krota gewährten Abgabenfreiheit, gleicher- 
weise in denjenigen übrigen Theilen der europäischen Türkei eingeführt werden, 
für welche eine besondere Organisation durch den gegenwärtigen Vertrag 
nicht vorgesehen ist. 
Die Hohe Pforte wird besondere Kommissionen, innerhalb deren das 
eingeborene Element zahlreich vortreten sein soll, zu dem Zwecke ernennen, 
um diese neuen Reglements im Einzelnen in jeder Provinz auszuarbeiten. 
Die aus diesen Arbeiten hervorgehenden Organisationsentwürfe sind 
der Prüfung der Hohen Pforte zu unterbreiten; diese wird vor Erlass der 
Verordnungen, welche dieselben in Kraft zu setzen bestimmt sind, das 
Gufachten der für Ost-Rumelien eingesetzten europäischen Kommission 
einholen, 
Art. 24. Für den Fall, dass es der Hohen Pforte und Griechenland 
nicht gelingen sollte, sich über die im dreizehnten Protokolle des Berliner 
Kongresses angegebene Grenzberichtigung zu verständigen, behalten sich 
Deutschland, Oesterreich- Ungarn, Frankreich, Grossbritannien, Italien und 
Russland vor, beiden Theilen ihre Vermittelung zur Förderung der Verhand- 
lungen anzubieten. 
Art.25. Die Provinzen Bosnien und Herzegowina werden von Oesterreich- 
Ungarn besetzt und verwaltet werden. Da die Österreichisch -ungarische 
Regierung nicht den Wunsch hegt, die Verwaltung des Sandjaks von Novi- 
bazar zu übernehmen, welches sich zwischen Serbien und Montenegro in 
südöstlicher Richtung bis jenseits Mitrovitza erstreckt, so wird die otto- 
manische Verwaltung daselbst fortgeführt werden. Um jedoch sowohl den 
Bestand der neuen politischen Ordnung, als auch die Freiheit und die 
Sicherheit der Verkehrswege zu wahren behält sich Oestarreich- Ungarn das
	        
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