414 Handelsvertrag zwischen Deutschland u. Japan vom 4. April 1896.
No. 6a. Handels- und Schiffahrtsvertrag zwischen dem Deutschen
Reieh und Japan. Vom 4. April 1896.'
Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preussen, im Namen
des Deutschen Reichs, und Seine Majestät der Kaiser von Japan, von dem
gleichen Wunsche geleitet, das gute Einvernehmen, welches erfreulicher-
weise zwischen Ihnen besteht, durch Ausdehnung und Hebung des Ver-
kehrs zwischen Deutschland und Japan zu erhalten, und überzeugt, dass
diese Aufgabe nicht besser als durch die Revision des zur Zeit zwischen
den beiden Ländern bestehenden Vertrages erfüllt werden kann, haben
beschlossen, eine solche Revision auf Grundlage der Billigkeit und des
gegenseitigen Vortheils vorzunehmen, und zu diesem Zweck zu Ihren Be-
vollmächtigten ernannt, nämlich:
Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preussen: Aller-
höchstihren Staatsminister, Staatssekretär des Auswärtigen Amts Herrn
Adolf Freiherrn Marschall von Bieberstein, und
Seine Majestät der Kaiser von Japan: Allerhöchstihren ausserordent-
lichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei Seiner Majestät dem
Deutschen Kaiser, König von Preussen, Herrn Vicomte Siuzo Aoki,
welche nach gegenseitiger Mittheilung ihrer in guter und gehöriger
Form befundenen Vollmachten, den nachstehenden Handels- und Schiffahrts-
vertrag vereinbart und festgestellt haben:
Art. I. Die Angehörigen eines jeden der beiden vertragschliessenden
Theile sollen volle Freiheit geniessen, überall die Gebiete des anderen
vertragschliessenden Theiles zu betreten, zu bereisen oder sich daselbst
niederzulassen, und sollen vollen und uneingeschränkten Schutz für ihre
Person und ihr Eigenthum geniessen.
Sie sollen freien und ungehinderten Zutritt zu den Gerichten haben
zur Verfolgung und Vertheidigung ihrer Rechte; sie sollen in gleicher
Weise wie die Inländer das Recht haben, Anwälte, Advokaten und Ver-
treter zur Verfolgung und Vertheidigung ihrer Rechte vor diesen Ge-
richten zu wählen und zu verwenden, und in allen anderen auf die Rechts-
pflege bezüglichen Angelegenheiten alle Rechte und Begünstigungen der
Inländer geniessen.
Die Angehörigen eines jeden der vertragschliessenden Theile sollen
in den Gebieten des anderen in Bezug auf die Niederlassung und das
Reisen, auf den Besitz von Waaren und beweglichen Sachen aller Art,
auf den, sei es kraft letzten Willens oder in anderer Weise erfolgenden
Erwerb von Todeswegen bei solchem Vermögen aller Art, welches sie
unter Lebenden erwerben dürfen, und in Bezug auf alle wie immer be-
schaffenen Verfügungen über Vermögen jeder Art, welches in gesetz-
mässiger Weise erworben ist, die nämlichen Begünstigungen, Freiheiten
und Rechte geniessen und in diesen Beziehungen keinen höheren Abgaben
und Lasten unterworfen sein, als die Inländer oder die Angehörigen der
meistbegünstigten Nation.
Die Angehörigen eines jeden der vertragschliessenden Theile sollen
in den Gebieten des anderen vollkommene Gewissensfreiheit, sowie in
Gemässheit der Gesetze, Verordnungen und Reglements das Recht privater
oder Öffentlicher Abhaltung ihres Gottesdienstes und auch das Recht ge-
niessen, ihre betreffenden Landsleute nach ihren religiösen Gebräuchen
auf den geeigneten und passend befundenen, zu diesem Zweck angelegten
und unterhaltenen Plätzen zu bestatten.
1) Vergl. die Nachtragskonvention vom 26. Dezember 1898 (R. G. Bl. 1699 S. 197).
Bekanntinachung, betr. das Inkrafttreten dieses und des unter 8b abgedruckten Vertrages,
von 7. Juli 1899 (R. G. Bl. S. 364). — Der Zolltarif ist nicht mitabgedruckt.