Vertrag zwischen Deutschland u. d. Niederlanden v. 21. Sept. 1897. 439
Nr.?b. Vertrag zwischen dem Deutschen Reiche und den Niederlanden
über die Auslieferung der Verbrecher zwischen den Deutschen Sehutz-
gebieten, sowie den sonst von Deutschland abhängigen Gebieten und
dem Gebiete der Niederlande, sowie den Niederländischen Kolonien und
auswärtigen Besitzungen. Vom 21. September 1897.
Nachdem Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preussen, im
Namen des Deutschen Reichs, und Ihre Majestät die Königin - Regentin der
Niederlande, im Namen Ihrer Majestät der Königin der Niederlande, über-
eingekommen sind, die gegenseitige Auslieferung der Verbrecher zwischen
den Deutschen Schutzgebieten, sowie den sonst von Deutschland abhängigen
Gebieten und dem Gebiete der Niederlande, sowie den Niederländischen
Kolonien und auswärtigen Besitzungen durch einen Vertrag zu regeln, haben
Allerhöchstdieselben zu diesem Zwecke mit Vollmacht versehen und zwar:
Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preussen: Allerhöchst-
ihren Wirklichen Geheimen Legationsrath Herrn Michelet von Frantzius,
Ihre Majestät die Königin-Regentin der Niederlande: den ausser-
ordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Ihrer Majestät der
Königin der Niederlande bei Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser, König von
Preussen, Herrn Jonkheer Dr. Dirk Arnold Wilhelm van Tets van Goudriaan,
welche nach gegenscitiger Mittheilung ihrer in guter und gehöriger Form
befundenen Vollmachten über folgende Artikel übereingekommen sind:
Art. 1. Die Bestimmungen des zwischen dem Deutschen Reiche
und den Niederlanden am 31. Dezember 1896 unterzeichneten Auslieferungs-
vertrags sollen auf die im nachfolgenden Artikel näher bezeichneten von
Deutschland abhängigen Gebiete derart Anwendung finden, dass auch die
in einem dieser Gebiete innerhalb des Bereichs der daselbst bestehenden
Behörden sich aufhaltenden Personen, die wegen einer ausserhalb der be-
zeichneten Gebiete, sowie des Gebiets des Deutschen Reichs begangenen Hand-
lung von den Behörden der Niederlande oder der Niederländischen Kolonien
und auswärtigen Besitzungen verfolgt werden, und die in den Niederländi-
schen Kolonien und auswärtigen Besitzungen innerhalb des Bereichs der
daselbst bestehenden Behörden oder im Königreiche der Niederlande sich
aufhaltenden Personen, die wegen einer ausserhalb des Gebiets der Nieder-
lande, sowie der Niederländischen Kolonien und Besitzungen begangenen
Handlung von’ den Behörden der von Deutschland abhängigen Gebiete ver-
folgt werden, in Gemässheit der Bestimmungen jenes Vertrags, soweit nicht
der gegenwärtige Vertrag etwas Abweichendes festsetzt, gegenseitig auszu-
liefern sind.
Art. 2. Unter den von Deutschland abhängigen Gebieten (Artikel 1)
sind im Sinne des gegenwärtigen Vertrags zu vorstehen:
die in Afrika, in Neu-Guinea und im westlichen Stillen Ozean be-
legenen Deutschen Schutzgebiete, Besitzungen und Interessensphären.
Art. 3. Zwischen den von Deutschland abhängigen Gebieten in Neu-
Guinea und im westlichen Stillen Ozean, nämlich dem Schutzgebiete der
Neu-Guinea-Kompagnie und dem Schutzgebiete der Marshall-, Brown- und
Providence-Inseln einerseits und Niederländisch -Indien andererseits soll
wegen solcher strafbaren Handlungen, die in Niederländisch -Indien als See-
raub oder gleich dem Seeraube bestraft werden und zugleich nach der Ge-
setzgebung des betreffenden Deutschen Schutzgebiets eine als Verbrechen
oder Vergehen strafbare Gewaltthätigkeit gegen Personen oder Sachen oder
die Theilnahme an einer solchen oder den strafbaren Versuch einer solchen
darstellen, die Auslieferung auch dann stattfinden, wenn diese nicht schon
nach Artikel 1 des Vertrags vom 31. Dezember 1896 begründet ist.