Full text: Das Völkerrecht.

60 I. Buch. Die Rechtssubjekte und ihre allgem. Rechtsstellung. 
bereich. Aus diesem Grundgedanken folgt unmittelbar eine ganze 
Reihe von Rechtsnormen, durch welche Rechte und Pflichten der 
Staaten untereinander bestimmt werden, die keiner besonderen ver- 
tragsmäßigen Anerkennung bedürfen, um bindende Kraft zu be- 
sitzen. Sie bilden den festen Grundstock aller ungeschriebenen 
Rechtssätze des Völkerrechts, seinen ältesten, wichtigsten, heiligsten 
Bestand. Da die aus diesem Grundgedanken sich ergebenden Rechte 
ohne weiteres einem jeden Staate als Mitglied der völkerrechtlichen 
Gemeinschaft (aber auch nur diesen, und nicht den außerhalb der 
Gemeinschaft stehenden Staaten) zukommen, werden sie wohl auch 
als „völkerrechtliche Grundrechte“ bezeichnet.” Und da sie mit 
dem Begriff des Staates als eines völkerrechtlichen Rechtssubjektes, 
also eines Gliedes der Völkerrechtsgemeinschaft, ohne weiteres ge- 
geben sind, kann man sie auch als „völkerrechtliche Persönlichkeits- 
rechte“ bezeichnen (so Heilborn). Soweit diese „Grundrechte“ 
den Gegenstand von besonderen Vereinbarungen zwischen zwei oder 
mehreren Staaten bilden, haben diese entweder lediglich dekla- 
ratorischen Charakter, oder es handelt sich um die Einzeldurch- 
führung des an sich selbstverständlichen Prinzips. 
2. Die grundsätzliche Gleichberechtigung aller Mitglieder der 
völkerrechtlichen Gemeinschaft äußert sich auf den Staatenkon- 
gressen in dem gleichen Stimmrecht aller Beteiligten und dem 
Erfordernis der Stimmeneinhelligkeit bei allen Beschlüssen. 
  
1) So mit aller Bestimmtheit Zitelmann, Internationales Privat- 
recht, 179 (1897). 
2) Die Polemik gegen diesen Begriff bei Heilborn, Jellinek, 
Triepel und andern neuern Schriftstellern schießt über das Ziel hinaus, 
Es handelt sich nicht um naturrechtliche Truggebilde, sondern um Rechts- 
sätze, die nach dem Gesetze des Nichtwiderspruchs aus dem Begriff der 
Völkerrechtsgemeinschaft folgen und der Form ausdrücklicher Rechtssatzung 
nicht bedürfen, weil ohne sie ein Völkerrecht überhaupt nicht denkbar wäre. 
Ähnlich die „Grundsätze des Achtens und Teilnehmens“ bei Stammler, 
Die Lehre von dem richtigen Recht. 1902. — Vergl. Pillet, Recherches 
sur les droits fondamentaux des Etats dans Y’ordre des rapports intern. 
1899 (R.G. V 66). Stoerk 1291. Heilborn 280.
	        
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