80 1.Buch. Die Rechtssubjekte und ihre allgem. Rechtsstellung.
Die Grenzen sind entweder natürliche oder künstliche. Als
erstere spielen Gebirge und Flüsse die Hauptrolle. Bei jenen ist
meist die Wasserscheide, bei diesen, soweit nicht andere Verein-
barungen getroffen sind, der sogenannte Talweg die Grenzlinie.
Künstliche Grenzen, die nach den Grundsätzen der Erdmessung
festgestellt werden, sind besonders in den bisher noch nicht oder
nicht vollständig erforschten Ländern gebräuchlich. Die Grenze
kann auch durch einen mehr oder weniger breiten Landstreifen
gebildet werden, der vielleicht als „neutrale Zone“ der Verwaltung
der beiden beteiligten Grenzstaaten entzogen wird. Vergl. die Ab-
machungen zwischen Spanien und Marokko vom 5. März 1894 über
das Feld von Melilla. Dagegen hat die sogenannte österreichische
Militärgrenze stets einen Bestandteil der Habsburgischen Monarchie
gebildet.
2. Der Luftraum oberhalb der durch die Staatsgrenzen um-
sehriebenen Erd- und Wasseroberfläche. ?
Die Frage wird von besonderer Wichtigkeit für die Rechts-
stellung der Neutralen während eines Krieges. Der zum Staats-
gebiete eines neutralen Staates gehörende Luftraum darf von den
Kriegführenden nicht zum Schauplatze kriegerischer Operationen
gemacht werden; das Aufsteigenlassen von Luftballons in diesem
Luftraume, um die Stellungen und Bewegungen des Feindes zu
beobachten oder um Nachrichten an die Truppenteile gelangen zu
lassen, würde als Verletzung der Neutralität betrachtet werden
müssen. Durch die steigende Verbreitung der Funkentelegraphie
ist die Frage in ein neues Stadium getreten, das internationale
2) Die Abgrenzung des zum Staatsgebiet gehörenden Luftraumes ist
sehr bestritten. Vergl. v. Holtzendorff, H.V. Il 230. Rivier 131.
Gareis 72. Fauchille, R.G. VIII 418. Nys, R.J. XXXIV 501.
Mörignhac (unten 8 39 Note 1) 193. Hilty, L.A. XIX 87. — Die Gleich-
stellung mit dem Küstenmeer führt 'zur Abgrenzung einer territorialen Luft-
zone, die etwa durch die Tragweite der Feuerwaffen bestimmt wird. Diese
Auffassung verkennt die eigerartigen Gefahren, die (durch Herabwerfen usw.)
von dem über dem Staatsgebiet schwebenden Ballon drohen. Dalier muß
uneingeschränkte Anerkennung der Gebietshoheit gefordert werden.