Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

160 II. Buch. Der völkerrechtliche Verkehr innerhalb des Staatenverbandcs. 
männer über die von ihnen in einzelnen oder auch in allen Fragen 
verfolgte Politik (entente, entente cordiale). 
1. Die Fähigkeit, Verträge zu schließen, ist Ausfiuß der Souveränität. 
Doch pflegt halbsouveränen Staaten meist das Recht eingeräumt zu sein, auf 
nichtpolitischem Gebiet Verträge, insbesondere Handelsverträge, zu schließen 
(oben 86 II N. 
So hat Ägypten nach dem Firman vom 20. Januar 1879 das 
Recht, alle Verträge abzuschließen und zu vereinbaren, die das Zoll- 
wesen, den Handel, die Fremdenpolizei und die Beziehungen der Frem- 
den zu der: Regierung und der eingeborenen Bevölkerung betreffen; 
doch dürfen dadurch die politischen Verträge der Türkei und ihre 
Hoheitsrechte über Ägypten keine Einbuße erleiden. Vgl. z. B. den 
deutsch-ägyptischen Handelsvertrag vom 19. Juli 1892 (R.G.Bl. 1893 
S.17). Am Weltpostverein haben sich Bulgarien, Tunis, Korea, Ägypten, 
ja sogar Bosnien-Herzegowina als vertragschließende Staaten beteiligt; 
an den Haager Friedenskonferenzen hat Bulgarien teilgenommen, wäh- 
rend Korea, Tunis und Ägypten nicht zugezogen wurden. Die dauernd 
neutralisierten Staaten sollen Verträge, durch die sie in kriegerische 
Unternehmungen verwickelt werden können (wie Garantieverträge), 
nicht schließen; aber die von ihnen dennoch geschlossenen Verträge 
sind rechtswirksam (oben 8 61V). Dagegen stehen die vom Papst 
geschlossenen Verträge (Konkordate usw.) nicht unter den Grundsätzen 
des Völkerrechts (oben $5 II 5). 
Wenn in neueren Verträgen (so in dem Abkommen über Funken- 
telegraphie vom 5. Juli 1912, unten $ 29 II 3) einzelne Staatsteile (Kolo- 
nien) als vertragschließende Parteien genannt sind, so erklärt sich diese 
völlig inkorrekte Bezeichnung daraus, daß die genannten Gebiete bei 
Berechnung der Beitragsquoten oder des Stimmenverhältnisses selb- 
ständig gezählt werden. Es ist jedoch zu beachten, daß die Entwicklung 
des englischen Reichsrechtes dahin geht, den selfgoverning dominions 
das Recht zu selbständigem Vertragsabschluß einzuräumen. 
2. Im zusammengesetzten Staat bestimmt sich die Vertragstähigkeit der 
Gliedstaaten nach dem jeweiligen Staatsrecht (oben 8 6 IT). 
3. Das Rocht des Vertragsabschlusses kann durch die souveräne Staats- 
gowalt der Ausübung nach übertragen werden (oben 8 1414). 
I. Der Abschluß der Staatsveriräge erfolgt durch die Willenserklärung der 
mit der völkerrechtlichen Vertretungsbefugnis ausgerüsteten Organe (oben $ 18). 
So haben im Kriege die Befehlshaber der Truppen ein weitgehen- 
des Recht zum Abschluß von Kriegsverträgen aller Art; der oben er- 
wähnte deutsch-ägyptische Vertrag ist, ohne Vorbehalt der Ratifizierung. 
durch die beiderseitigen Bevollmächtigten geschlossen worden. Da- 
gegen bezeichnet sich der deutsch-englische Postvertrag vom 25. April 
1870 (B.G.Bl. S.565) zu Unrecht als zwischen den beiden Gencral-
	        
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