8 22. Die völkerrechtlichen Verträge. 161
postämtern geschlossen; denn er bedurfte der Ratifikation, die tatsäch-
lich auch erfolgt ist.
- 1. Die Staatenpraxis hat jedoch dahin geführt, daß, von besonderen Fällen
(wie bei den Kriegsverträgen) und besonderen Vereinbarungen abgesehen, zum
rechtswirkssamen Abschluß aller Staatsverträge die ausdrückliche und In feler-
licher Form unmittelbar abgegebene Erklärung des Staatshauptes (des obersten
Vertretungsorgans) hinzutreten muß.
‘Die von den Bevollmächtigten der verhandelnden Staaten getroffe-
nen, zu Protokoll gebrachten und unterzeichneten Vereinbarungen er-
langen völkerrechtlich verbindliche Kraft erst durch den Formalakt der
Genehmigung oder Ratifikation des Staatshauptes, Versagung der
Genehmigung ist daher weder rechtswidrige, ‚noch auch nur „unfreund-
liche“ Handlung.
„Es ist unrichtig, den Vertrag schon mit der Unterschrift durch. die
Bevollmächtigten als suspensiv bedingt wirksam anzusehen; denn mit
der erfolgten Genehmigung wird nur die Datierung, nicht aber (von
besonderen Vereinbarungen abgesehen) die Wirksamkeit des Vertrages
nach dem Tag der Unterzeichnung, berechnet. i
Gleichzeitig mit dem Vertrag, und ohne daß es einer besonderen
Ratifikation bedarf, treten die Vereinbarungen in Wirksamkeit, die sich
in den dem Vertrage angehängten „Protokollen‘‘ oder in besonderen
„Annexen‘“ (vgl. den Pariser Frieden von 1856 im Anhang) befinden
und die Auslegung einzelner Vertragsbestimmungen oder Zusätze zu
diesen enthalten.
Ausnahmsweise tritt an die Stelle der solennen Ratifikation
durch das Staatshaupt die formlose Genehmigung durch die, Staats.
regierung?).
2. Verträge, die zwischen zwei Staaten abgeschlossen ‚werden, kommen
durch den gegenseitigen Austausch der Batifikationsurkunden zustande. ..:.
Bei allgemeinen Verträgen pflegt (vgl...die zweite Friedenskonfe-
renz) unterschieden zu werden zwischen der ersten (kollektiven) Hin-
terlegung der Ratifikationsurkunden bei der im Vertrage bezeichneten
Macht und den späteren (Einzel-) Hinterlegungen, die durch An-
zeige mit beigefügter Ratifikationsurkunde erfolgen.-- Das:. Protokoll
über die‘ erste Hinterlegung wird aufbewahrt,: die späteren. Anzeigen
werden in das Register eingetragen, beglaubigte Abschriften den .Ver-
tragsmächlen (bei den Anzeigen mit Angabe des. Einlaufstages) :mit-
geteilt. Treten Mächte dem Vertrage bei, die nicht unterzeichhet haben,
so wird die Ratifikation durch eine schriftliche ‚Beitrittserklärung
ersetzt.
3) So bei Verträgen, betr. den grenzüberspririgenden Fabrikverkehr, betr. die
gegenseitige Behandlung von Handlungsreisenden usw. Beispiele inR. G Bi. 1900
8. 781, 1903 8.47. Vgl. dazu auch Pitamio (unten Note 4).
v. Liszt, Völkerrecht, 11. Aufl. 11