176 WU..Buch. Der völkerrechtliohe Verkehr innerhalb des Staatenverbandes.
schulden (dettes hypothecaires), d. h. diejenigen, für welche unbeweg-
liches in dem’ abgetretenen Gebiete gelegenes Staatsgut verpfändet ist.
Doch pflegt der erwerbende Staat einen verhältnismäßigen Anteil auch
an den übrigen Staatsschulden zu übernehmen; das war aber z. B. nicht
der Fall bei Übernahme von Elsaß-Lothringen durch das Deutsche Reich.
$& 25. Das völkerrechtliche Delikt.')
L Völkerrechtliches Delikt ist die von einom Staate ausgehende schuldhalie,
rechtswidrige Verletzung eines völkerrechtlich geschützten Interesses eines
anderen Staates.
1. Subjekt des völkerrechtlichen Deliktes, mithin Träger der-durch dieses
begründeten Verantwortlichkelt, Ist nur der Staat selbst; und zwar auch dann,
wenn er für Handlungen seiner Staatsangehörigen haftet.
Das völkerrechtliche Delikt ist daher verschieden von den soge-
nannten „Delikten gegen das Völkerrecht‘, wie sie die nationalen Straf-
gesetzbücher aufzustellen pflegen (,„strafbare Handlungen gegen be-
freundete Staaten‘ nach der Terminologie des deutschen Reichsstraf-
gesetzbuches). Subjekt eines solchen „Deliktes gegen das Völkerrecht‘
ist stets der einzelne, niemals der Staat; Träger des durch das Delikt
entstandener. Strafanspruches stets nur der Staat, dessen Normen über-
treten worden sind, niemals ein fremder Staat. Dieser Satz läßt Aus-
nahmen nur insoweit zu, als der einzelne durch Anordnungen inter-
nationaler Organe unmittelbar verpflichtet wird (oben $ 5 Note 2); auf
diese Ausnahmen wird hier nicht weiter eingegangen.
2.. Nur der souveräne Staat besitzt mit der völkerrechtlichen Geschäfts-
fählgkeit auch die volle Deliktsfählgkeit.
Für den halbsouveränen Staat haftet daher, soweit dieser in sei-
ner Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, der oberherrliche' Staat (oben
861111). Für eine Verletzung der mit Marokko geschlossenen Ver-
träge hat daher im allgemeinen Frankreich aufzukommen, während
Ägypten auf dem ihm überlassenen Gebiete der völkerrechtlichen Be-
fätigung selbständig verantwortlich war. Dagegen ist der dauernd neu-
tralisierte Staat deliktsfähig (oben $6 IV). Der Staat vertritt auch
seine überseischen Kolonien; die von diesen begangenen Rechtsver-
letzungen fallen ohne weiteres ihm zur Last. In bezug auf die Staaten-
verbindungen ist das oben $ 6 II Gesagte anzuwenden.
1) Clunet, Offenses et actes hostiles commis par des particuliers contre un
£tat &tranger. 1887. Heilborn, R. G. III179. Triepel (oben $2 Note 1) 324.
Anzilotti, Teoria generale della responsabilit& dello Stato nel diritto internaz.
I. Band 1902. Benjamin, Haftung des Staates aus dem Verschulden seiner
Organe nach Völkerrecht. Heidelberger Diss. 1909. Schoen, Völkerrechtliche
Haftung der Staaten aus unerlaubten Handlungen (Beilageheft 2zuK. 2. X) 1917.
Öppenheim 1206. Ullmann 147.