206 II. Buch. Die Interessengemeinschaft des völkerrechtl. Staatenverbands.
2. Von den einzuführenden Waren werden, soweit nicht Freihandel
herrscht, Eingangszölle erhoben, während Durchgangszölle nur selten mehr sich
finden.
Die Waren müssen, um der vertragsmäßigen Behandlung teilhaftig
zu werden, mit ÜUrsprungszeugnissen versehen sein. Besondere Er-
leichterungen gelten regelmäßig für den Grenz-, Markt- und Veredelungs-
verkehr, für die Muster von Handlungsreisenden *) usw. Häufig werden
auch besondere Zollkartelle geschlossen, mit Vereinbarungen zur
Verhütung und Bestrafung von Übertretungen der Zollgesetze, besonders
des Schleichhandels (unten $ 33 11).
DL In zahlreichen Handelsverträgen der neueren Zeit, namentlich in denen,
die von Italien, Belgien und der Schweiz geschlossen worden sind, findet sich die
Schledsgerichtsklausel (kompromissarische Klausel).
Diese Klausel enthält die Vereinbarung, daß die Vertragschließen-
den sich verpflichten, alle Streitigkeiten, die aus der Anwendung und
Auslegung des Vertrages entstehen sollten, einem Schiedsgericht zu
übertragerı (unten $ 38 II 2). Das Deutsche Reich hat in die meisten
neuen Verträge (nicht aber in den Vertrag mit Rußland) die Schieds-
gerichtsklausel in bezug auf Tarifstreitigkeiten aufgenommen.
IV. Mehrere Staaten können auch wohl einen Zollverband (Union douaniere)
schließen, durch den sie dem Ausland gegenüber als einheitliches Handelsgebiet
erscheinen.
Das bekannteste Beispiel bietet der deutsch-preußische Zollverein, der
nach langen Vorverhandlungen am 1. Januar 1834 in volle Wirksamkeit
getreten ist; er hat die Zollschränken zwischen den Einzelstaaten be-
seitigt, aber auch die Periode des Freihandels zwischen den europäischen
Mächten vorbereitet. In theoretischer Beziehung ist der Vertrag vom
9.November 1865 von Interesse, durch den die Zollunion zwischeä
Frankreich und Monako begründet wurde. Hierher gehört auch das
durch den Ausgleich von 1867 notwendig gewordene Zoll- und Han-
delsbündnis zwischen den österreichischen Kronländern und den Län-
dern der ungarischen Krone.
Verschieden von dem „Zollverein“ mehrerer Staaten ist der
„Zollanschluß“ einzelner Gebiete an ein größeres einheitliches
Zollgebiet. Beispiele bieten Liechtenstein, das seit 1852 an Österreich,
sowie Luxemburg, das seit dem Vertrage vom 20./25. Oktober 1865 (ver-
längert am 11.November 1902) an den deutschen Zollverband ange-
schlossen ist; oder die österreichischen Gemeinden Jungholz in Tirol,
das seit 1868, und Mittelberg in Voralberg, das durch Vertrag vom
4) Vgl. z. B. die deutsch-französische Vereinbarung vom 2, Juli 1902 (R. G,
Bl. 1903 S. 47); die deutsch.niederländische vom 9. November 1912 (R. G, Bl.
1912 S. 541).