Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

2366 IV. Buch, Die Erledigung der Stastenstreitigkeiten, 
2. Daneben aber findet sich in den zwischen einzelnen Staaten geschlosse- 
men Verträgen verschiedensten Inhalts (vor allem in den Handelsverträgen) die 
sogenannte kompromissarische Klausel, durch welche die Vertragschließenden 
sich verpflichten, alle bei Auslegung und Anwendung des Vertrags sich ergeben- 
den Streitigkeiten einem Schiedsgericht zur Entscheidung zu übertragen. 
Auch das Deutsche Reich, das früher die Aufnahme einer solchen 
Klausel in seine Verträge abgelehnt hatte, hat sie in mehrere der 
neuen Handelsverträge aufgenommen (oben 8 28 III). Nach dem Noten- 
wechsel zwischen v. Kiderlen-Wächter und Cambon vom 4. November 
1911 sollen auch alle Streitigkeiten aus den beiden Abkommen von 
diesem Tage (oben S.33) durch Schiedsgericht erledigt werden. Ebenso 
findet sie sich in einzelnen allgemeinen, auch vom Deutschen Reich 
‚„mitunterzeichneten, Verträgen. So im Weltpostvertrag seit 1874 
(Vertrag vom 26. Maı 1906 Art.23), in den Art.54, 55 und 58 der Brüs- 
seler Antisklavereiakte vom 2. Juli 1890 (oben 37 I 4) und in Art. XVII 
des funkentelegraphischen* Abkommens von 1906 und 1912 (oben 8 29 
II 3). Vgl. auch 8 13 der Gotthardbahnkonvention (oben 829 IV 1) von 
1909. Auch die Friedensverträge der Türkei mit den Balkanstaaten von 
1913/14 enthalten die Klausel. 
8. Durch allgemeine („institutionelle‘‘) Schiedsverträge werden die sämt- 
lichen zwischen den Vertragschließenden künftig entstehenden Streitigkeiten 
(sel es uneingeschränkt, sei es mit Ausnahme der Streitigkeiten, bei denen die 
Lebensinteressen, die Ehre oder die Unabhängigkeit des Staates in Frage stehen) 
einem Schiedsgericht überwiesen. 
a) Solche Verträge sind bereits in früheren Jahren zwischen ein- 
zelnen Staaten, insbesondere Mittel- und Südamerikas, geschlossen 
worden. Der vielbesprochene englisch-amerikanische Vertrag vom 
11. Januar 18977) ist durch den Senat der Vereinigten Staaten am 
5.Mai desselben Jahres abgelehnt worden. 
b) Dagegen wurde eine neue Periode der allgemeinen Schieds- 
verträge durch den zwischen Frankreich und Großbritannien am 
14. Oktober 1903 abgeschlossenen Vertrag eröffnet®). Er überweist in 
Art.1 dem ständigen Schiedshof im Haag alle „Streitigkeiten recht- 
licher Natur oder über die Auslegung der zwischen den Unterzeichnern 
bestehenden Verträge, die zwischen den Unterzeichnern entstehen und 
auf diplomatischem Wege nicht erledigt werden konnten, vorausgesetzt, 
7) Abgedruckt (mit der diplomatischen Korrespondenz) N.R.G. 2. s. XXVIII 
90; dazu Andr&6, R. G. XVIII 654. Vgl. Imberg, K. Z. VII 272, 554. Derselbe, 
in der oben Note 5 angeführten Schrift. 
8) Vgl. M&rignhac, R.G.X 799. Abgedruckt bei Fleischmann 340. 
Strupp II 511. — Die übrigen Verträge finden sich im N. R.G. Vgl. Trait6s gen6- 
raux d’arbitrage communiques au Bureau internat. de la cour permanente d’ar- 
bitrage. 1911 (enthält 90 Verträge).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.