8 39. Der Krieg als völkerrechtliches Rechtsverhältnis. 279
Schauplatz maßgebend, auf dem der Krieg sich abspielt; vgl. unten
88 40 I, 41 I. Dabei ist aber zu beachten, daß ein Krieg zwischen den
Großmächten der Gegenwart stets zugleich Land- und Seekrieg sein
wird. Dagegen muß, solange internationale Vereinbarungen nicht statt-
gefunden haben, der Luftkrieg nach den Rechtsregeln beurteilt wer-
den, die für die unterhalb des Luftraums liegende Erdoberfläche
gelten?) Es werden also teils die Grundsätze des Landkriegs (so bei
der Beschießung von Ortschaften), teils die des Seekriegs (so bei der
Aufbringung von Handelsschiffen) zur Anwendung zu bringen sein.
Ob die Luftfahrzeuge der Marine oder dem Landheere eingegliedert
sind, ist auch hier ohne Bedeutung; auch für die Hydro-Aeroplane ist
daher nur der Schauplatz ihrer Betätigung maßgebend.
IV. Die Kriegführung zu Wasser und zu Lande steht unter bestimmten
Rechtssätzen des Völkerrechts, durch die sowohl die Beziehungen der Krieg-
führenden untereinander, als die Rechte und Pflichten zwischen den Krieg-
führenden und den neutralen Mächten geregelt werden.
1. Bis zur Haager Konferenz des Jahres 1899 gehörten die Rechtsregeln
des Kriegsrechts, von einzelnen Vereinbarungen abgesehen, durchweg dem un-
geschriebenen Völkerrecht an.
a) Solche Ausnahmen bildeten 1. die Pariser Seerechtsdeklaration
vom 16. April 1856; 2. die Genfer Konvention vom 22. August 1864
über den Schutz der kranken und verwundeten Soldaten; 3. die Peters-
burger Konvention vom 11. Dezember 1868 über die Verwendung von
Explosivgeschossen.
b) Vereinbarungen über die Beachtung des Kriegsrechts finden sich
mehrfach in den zwischen einzelnen Staaten geschlossenen Staaten-
verträgen. Vgl. den deutschen Freundschafts- usw. Vertrag mit Mexiko
vom. 5.Dezember 1882 (R.G.Bl. 1883 S.247) Art.17: „Hinsichtlich
ihrer Beziehungen in Kriegszeiten, sei es als Kriegführende, sei es als
Neutrale. werden sich die vertragschließenden Teile nach den Normen
des Völkerrechts richten, welche von den gesitteten Nationen allgemein
anerkannt sind. Auf dem Gebiete des internationalen Seerechts ins-
besondere verpflichten sie sich, gegeneinander die Regeln 2, 3 und 4
der Pariser Deklaration vom 16. April. 1856 (also mit Ausschluß der
auf die Kaperei bezüglichen Regel 1) zu beobachten, jedoch mit dem
Vorbehalt von seiten der Vereinigten Staaten von Mexiko, daB diese,
sofern sic sich im Kriege mit einer dritten Macht befinden sollten, das
unter neutraler Flagge befindliche Gut des Feindes nur in dem Fall
als frei anerkennen werden, wenn die genannte Macht den gleichen
7) Vgl. oben $9 Note7. Dazu: De Staäöl-Holstein, La r&glementation de
la guerre des aires. 1911. Philit, La guerre aörienne. 1910. Bellenger (derselbe
Titel). 1913. Bernaert, RB. J. XLIV 589. — Einen besonderen „Küstenkrieg“ (so
Boeckner u.a.) gibt es nicht.