8 40. Die Rechtssätze des Landkriegsrechts. 305
beigetreten sind, nur, wenn sämtliche Kriegführende Vertragstaaten (von 1864
oder 1897) sind (Art. 24).
Führt eine dieser Mächte einen Krieg gegen einen Staat, welcher
einer der beiden Konventionen nicht beigetreten ist, so ist sie durch
die Konvention nicht gebunden; doch müssen die Rechtssätze, die sich
seit 1864 gewohnheitsrechtlich herausgebildet haben (und das sind
sämtliche Sätze der ersten Konvention), auch bei dem Fehlen jeder
bindenden Vereinbarung beobachtet werden. Dagegen ist der Staat in
einem Bürgerkrieg, den er zur Niederwerfung eines inneren Aufstandes
führt, oder bei gewaltsamer, aber nicht kriegerischer Selbsthilfe zwar
durch die Grundsätze der Menschlichkeit, nicht aber durch die Rechts-
regeln des Völkerrechts in seiner Handlungsfreiheit beschränkt (oben
839 II1). |
2. Verwundete oder erkrankte Militärpersonen wie andere den Heeren
dienstlich beigegebene Personen werden ohne Unterschied der Staatsangehörig-
keit von der Kriegsmacht, in deren Händen sie sich befinden, geachtet und ver-
sorgt (seront respect&s et solgn&s).
Unbeschadet dieser Fürsorge sind sie Kriegsgefangene und wer-
den als solche behandelt. Doch können die kriegführenden Mächte
Ausnahme- und Vorzugsbestimmungen vereinbaren; insbesondere über
gegenseitige Rückgabe der auf dem Schlachtfeld gebliebenen Verwun-
deten, über die Zurücksendung der transportfähigen Verwundeten und
Kranken, über ihre Übergabe an einen neutralen Staat, wenn dieser
sich verpfiichtet, sie bis zum Ende der Feindseligkeiten zu internieren
(Art.2). Dauernd dienstunfähige Verwundete pflegen ausgetauscht zu
werden.
Nach jedem Kampf soll die das Schlachtfeld behauptende Partei
die Verwurdeten aufsuchen und sie, wie die Gefallenen, gegen Be-
raubung und schlechte Behandlung schützen; sie soll darüber wachen,
daß der Bestattung der Gefallenen eine sorgfältige Leichenschau vor-
ausgeht (Art. 3).
Jede Kriegspartei soll die bei den Gefallenen gefundenen Identitäts-
beweise sowie ein Namenverzeichnis der von ihr aufgefundenen Kran-
ken und Verwundeten deren Landesbehörden oder den Dienstbehörden
ihres Heeres übermitteln. Die Kriegsparteien sollen sich über die
Unterbringung der Kranken und Verwundeten und über die Sterbefälle
auf dem Laufenden erhalten und sich die auf dem Schlachtfeld ge-
fundenen oder von den Sterbenden hinterlassenen Gegenstände, die zum
persönlichen Gebrauch bestimmt sind, zusenden (Art. 4).
8. Die beweglichen Sanitätsformationen und die stehenden Sanitäts-
anstalten werden von den Kriegsparteien geachtet und geschützt (seront respec-
tes et prottges) (Art. 6).
v. Liszt, Völkerrecht. 11. Aufl. 20