308 IV. Buch. Die Erledigung der Staatenstreitigkeiten.
VL Die kriegerische Besetzung fremden Staatsgebietes (oocupatio bellica).1*)
Verschieden von der Eroberung, durch die fremdes Staatsgebiet
von den Eroberer seiner Staatsgewalt endgültig unterworfen wird, wie
von der Invasion, die als reine Kriegshandlung nur vorübergehende
Rechtswirkungen auslöst, begründet die militärische Besetzung von
feindlichem Staatsgebiet ein eigenartiges, von der Waffengewalt ge-
tragenes, aber vom Völkerrecht anerkanntes und geregeltes Rechts-
verhältnis zwischen der besetzenden Macht einerseits, den Landes-
bewohnern und den übrigen Staaten anderseits.
1. Der Begrifi der Besetzung, der dem Landkrieg eigentümlich ist, schließt
zwei Merkmale in sich: die tatsächliche Herrschaft des besetzenden Heeres
und den Willen des Staates, diese Herrschaltsgewalt bis zur Entscheidung
über das endgü:tige Schicksal des Gebletes in geregelten Formen auszuüben.
Dice Besetzung ist ein Akt der Kriegführung, der als solcher, wie
die gesamte Kriegführung, sowohl unter den nationalrechtlichen Nor-
men des Kriegführenden wie unter den Rechtsregeln des Völkerrechtes
steht. Das Völkerrecht zieht der Kriegführung bestimmte Schranken ;
aber indem es das tut, gewährt es ihr zugleich Befugnisse, die, anders
als die von dem eigenen nationalen Recht ihr gewährten, von allen
andern Staaten Anerkennung fordern.
Gesetz vom 14. April 1903 vgl. Roszkowski, R. J. XXXVI 76, 188. Das Schwei-
zer Bundesgesetz vom 14. April 1910 ist abgedruckt in N.R.G, 3. s, III 831;
das italienische vom 30. Juni 1912 in Jahrbuch II 494. Für die übrigen Staaten
vgl. N.R.G. 3.8. IX 124, 172, 174.
14) E. Löning, Die Verwaltung des Generalgouvernements im Elsaß.
1874. — Petit, L’administration de la justice en territoire occupe. 1900. Kauf-
mann, Zur Transvaalbahnfrage. 1901. Schiemann, Rechtslage der öffent-
lichen Banken im Kriegsfall. Greifswalder Diss, 1902, Lorriot, De la nature de
l’occupation de guerre. 1903. Sichel, Die kriegerische Besetzung feindlichen
Staatsgebietes usw. Marburger Diss. 1905. Pont, Les röquisitions militaires
en temps de guertre. 1905. Nowacki, Die Eisenbahnen im Kriege. Rostocker
Diss. 1906. Baumberger, Oocoupatio bellica (im Landkriege),. Freiburger
Diss. 1909. Robin, Des oocupations militaires. 1910. Tjadden, Die kriegerische
Besetzung feindlichen Staatsgebietes usw. Göttinger Diss. 1910. Huber, R.G.
XX 657 (Staatseigentum im Landkrieg). NysIII222. Derselbe, R. J. XXXVII
274, 406 (über Requisitionen und Kontributionen).. Meurer II206. Derselbe,
L. A. XxXXIIl 353. Ruzd, R.G. XVI134. RBRoquette, Kontributionen. Er-
langer Diss. 1916. Beer, Juristische Wochenschrift 1916 S. 981. Derselbe,
D.J.Z. 1916 S. 1172. Boutin, Les requisitions (militaires). 1916. Hölken,
Die Okkupationsarmee und das Recht im besetzten Gebiete unter besonderer
Berücksichtigung des internationalen Privatrechte. 1917. Ferrand, Des re-
quisitions en matiöre de droit internat. public. 1917. Neumeyer, Annalen des
Deutschen Reichs. 1917. S. 53. de Louter, II260. M&rignhac IIIl S. 387.
Oppenheim Il 204. Strupp 93. Ullmann 494. A. Zorn 207. — Schmieden,
Die persönliche Stellung der Landesbewohner im kriegerisch besetzten Gebiet
nach modernem Völkerrecht. Leipziger Diss. 1916. — Zwei Jahre deutsche
Arbeit im Generalgouvernement Warschau, 1917.