Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

312 IV. Buch, Die Erledigung der Staatenstreitigkeiten. 
keit, also auch die Angehörigen fremder Staaten, ja selbst die des be- 
setzenden Staates selbst. 
4. Das in die Hände des Siegers gelallene fremde Staatsvermögen wird 
den Zwecken der Kriegführung dienstbar gemacht. 
Bewegliches Staatsgut kann eingezogen werden: so insbesondere 
Bargeld, Wertpapiere, fällige Forderungen, Wagen, Pferde, Kriegsmate- 
rial aller Art. Unbewegliches Gut (Gebäude, Wälder, Liegenschaften, 
landwirtschaftliche Anlagen, Staatseisenbahnen usw.) kann von der 
besetzenden Staatsgewalt mit den einen Nutznießer bindenden Be- 
schränkungen gebraucht werden. Öffentliche Anstalten, die dem Gottes- 
dienst, der Wohltätigkeit, der Kunst und Wissenschaft gewidmet sind- 
sind unverletzlich. Vgl. Art.53, 55. 
5. Das Privateigentum ist im Landkrieg grundsätzlich unverletzlich. 
Doch gestattet nicht nur die Landkriegsordnung gewisse Eingriffe, sondern 
diese können auch durch Notstand oder als Repressalie gerechtfertigt sein. 
Über die Eingriffe in das Privatvermögen (Forderungsrechte, ge- 
werbliche Schutzrechte, selbst Eigentum), die im Weltkrieg von den 
Verbandsmächten unter Führung Englands vorgenommen worden und 
von dem Vierbund erwidert sind, vgl. oben 8 39 V2d. Unberührt ge- 
blieben ist der Rechtssatz, der das Beutemachen, Plündern usw. ver- 
bietet. 
Eine wichtige Ausnahme von der Unverletzlichkeit des Privat- 
eigenlums läßt die Landkriegsordnung ausdrücklich zu: „Alle Mittel, die 
zu Lande, zu Wasser und in der Luft zur Weitergabe von Nachrichten 
und zur Beförderung von Personen oder Sachen dienen, mit Aus- 
nahme der durch das Seerecht geregelten Fälle“ (also das rollende 
Material der Eisenbahnen, Landtelegraphen, Fernsprech- und Funk- 
spruchanlagen, Schiffe und Luftfahrzeuge, Wagen und Pferde usw.), 
„sowie die Waffenniederlagen und überhaupt jede Art von Kriegs- 
vorräten können, selbst wenn sie Privatpersonen 'gehören, mit Be- 
schlag belegt werden. Beim FriedensschluB müssen sie aber zurück- 
gegeben und die Entschädigungen geregelt werden. Diese Gegenstände 
unterliegen mithin der Anforderung (Requisition); sie können gegen 
Entschädigung verwendet werden, sind aber nach Abschluß des Frie- 
dens zurückzuerstatten oder zu ersetzen. Über neutrales Eisenbahn- 
materiai vgl. unten $ 42 I14. 
Die unterseeischen Kabel, die besetztes feindliches Gebiet mit neu- 
tralem Gebiet verbinden, dürfen nur im Falle unbedingter Notwendig- 
keit und nur gegen Entschädigung mit Beschlag belegt oder zerstört 
werden. Vgl. Art.53, 54, 56. 
In der angeführten Bestimmung des Art.53 ist der Begriff der 
„Kriegsvorräte“ (,toute espece de munitions de guerre‘) von beson- 
derer Bedeutung. Es schließt Geld und Wertpapiere unbedingt aus,
	        
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