Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

3 41. Die Rechtssätze des Seekriegsrechtes. 335 
Über das Recht des aufbringenden Kriegsschiffs, die Prise zu zer- 
stören, fehlt es an allgemein anerkannten völkerrechtlichen Regeln. 
Die Londoner Erklärung spricht in Art. 49 nur von der Zerstörung 
neutraler Prisen. Daraus muß geschlossen werden, daß die Zerstörung 
feindlicher Prisen erst recht gestattet ist; und zwar auch dann, wenn 
die in Art.49 geforderten Voraussetzungen nicht gegeben sind). Der 
Kriegführende hat daher rechtlich die volle Freiheit des Handelns. Die 
deutsche Prisenordnung (Ziff. 112) gestattet dem Kommandanten, das 
aufgebrachte Schiff zu zerstören, „wenn seine Einbringung ihm un-: 
zweckmäßig oder unsicher erscheint‘. Diese Voraussetzung wird bei 
Tauchbootn regelmäßig gegeben sein. Vorhergehende Warnung. kann 
nicht gefordert werden, wenn das angetroffene Schiff voraussichtlich be- 
waffnet, und von ihm daher ein Angriff zu besorgen ist. Die Besatzung 
des zerstörten Schiffes ist nach Möglichkeit zu bergen, soweit das 
ohne Gefahr für das Kriegsschiff geschehen kann. Mitfahrende Rei- 
sende teilen das Schicksal des Schiffs, dem sie sich anvertraut haben. 
Wird durch die rechtmäßige Zerstörung des feindlichen Schiffs neu- 
trale Ware mitzerstört, so ist für diese kein Ersatz zu leisten 1). 
6. Daß die Beschagnahme gerechtfertigt gewesen sel, muß durch ein Ur 
tell des Prisengerichts ausgesprochen werden. Mit diesem Urteil geht das Eigen- 
tum an Schiff und Ladung (diese, soweit sie feindlich ist) auf den Staat über, 
dessen Kriegsschilt die Wegnahme bewirkt hat. 
Über das Verfahren vgl. unten $ 43. 9 
Kapitän, Offiziere und Mannschaften des verfallenen 
Schiffs werden nach dem elften Abkommen von 1907, im Gegensatze zu 
der bisherigen Übung, in der Regel in ihre Heimat entlassen und können 
nur ausnahmsweise zu Kriegsgefangenen gemacht werden. Doch ist 
dabei zu unterscheiden: Die einem neutralen Staat angehörigen 
Mannschaften werden in keinem Fall Kriegsgefangene; der Kapitän und 
die Offiziere nur dann, wenn sie sich weigern, das schriftliche Ver- 
sprechen abzugeben, daß sie während der Dauer des Kriegs auf keinem 
italienischen Schriftsteller. Auch das Manuel des Institut Art. 12 (Annusire 
XXVI 516). Dagegen Sohramm 308. Triepel, K. Z. VIII 378. Die Frage ist 
durch die von England seit 1913 durchgeführte Bewaffnung der Handelsschiffe 
im Weltkrieg brennend geworden. Deutschland hat die bewaffneten Handels- 
schiffe, die sich verteidigen, wie Kriegsschiffe behandelt; wenn jene angriffsweise 
vorgingen, die Besatzung als Freischärler abgenrteirt (Kapitän Fryatt). Die 
Denkschriften der deutschen und der österreichisch-ungarischen Regierung von 
1916 sind abgedruckt in K. 2. IX 521. Vgl. auch $42 Note. 
18) Ausdrücklich anerkannt in dem Generalberioht der Londoner Konferenz 
zum 3. Kapitel der Erklärung. 
19) Ebenso Oberprisengericht im Fall Glitra und andere (K. Z. IX 399, 
N. Z. XXVI 313, 318, D. J. Z. XXI 481). Ferner Nöldeoke, K. Z. IX 447 und 
Strupp, K. Z. IX 228 (mit Literatur). Dagegen Rehm, Leipziger Zeitschrift 
IX 177. Sohramm, Wehberg.
	        
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