342 IV. Buch. Die Erledigung der Staatenstreitigkeiten.
a) Die Anforderung und Benutzung darf nur in dem Fall und in
dem Maß erfolgen, in dem es eine gebieterische Notwendigkeit ver-
langt; es ist entsprechende Entschädigung zu leisten.
b) Umgekehrt kann auch die neutrale Macht im Fall der Not Eisen-
bahnmaterial, das aus dem Gebiet der kriegführenden Macht herrührt,
gegen Entschädigung festhalten und benützen.
III. Rechte und Pflichten der neutralen Mächte im Falle eines Seekrieges.°)
1. Der Kriegführende darf in den neutralen Gewässern keine Feindselig-
keiten vornehmen (Art. 1 bis 5 des dreizehnten Abkommens von 1907).
a) Daher ist die Wegnahme von Schiffen oder die Ausübung des
Durchsuchungsrechts in den neutralen Küstengewässern unbedingt unter-
sagt. Ist die Wegnahme dennoch erfolgt, und befindet sich die Prise
noch in dem Hoheitsbereich der neutralen Macht, so hat diese die Be-
freiung der Prise, wenn nötig mit Gewalt, herbeizuführen ; befindet
sich die Prise außerhalb des Hoheitsbereiches, so hat auf Verlangen
der neutralen Macht die nehmende Regierung die Prise freizugeben.
b) Auf neutralem Gebiet oder auf einem Schiff in neutralen Ge-
wässern darf kein Prisengericht gebildet werden.
c) Der Kriegführende darf neutrale Häfen oder Gewässer nicht
zu Stützpunkten für kriegerische Unternehmungen machen, insbeson-
dere dort keine funkentelegraphischen Stationen oder andere Anlagen
einrichten, die den Verkehr mit den Land- oder Seestreitkräften ver-
mitteln sollen.
2. Die neutrale Macht darf weder unmittelbar noch mittelbar einen Krieg-
führenden unterstützen (Art. 6 bis 11).
a) Die neutrale Macht ist verpflichtet, zu verhindern, daß 1. in
ihrem Hoheitsbereich ein Schiff ausgerüstet oder bewaffnet wird, von
dem anzunehmen ist, daß es zur Teilnahme an kriegerischen Unter-
nehmungen bestimmt ist; 2. daß ein in ihrem Hoheitsbereich ganz
oder teilweise zum Kriegsgebrauch hergerichtetes Schiff zur Teilnahme
an kriegerischen Unternehmungen ausläuft.
Dieser Satz entspricht der ersten der drei sogenannten Washing-
toner Regeln, die aus Anlaß des Alabama-Falles (oben 838111) in dem
Schiedsvertrage von 1871 ausgesprochen worden sind.
8) Bustamente I 383. de Louter, II 415. Curtius, Des navires de
guerre belligsrants dans les eaux neutres 1907. Wandelstamme, Guerre mari-
time et neutralit&. 1907. Pilidi, Le oombustible en temps de guerre: la houille,
le petrole, dans le droit de la neutralit& maritime. 1909. Jaekel, Die Rechts-
stellung der Kriegsschiffe Kriegführender in neutralen Gewässern. Greifswalder
Diss. 1910. Einicke, Rechte und Pflichten der neutralen Mächte im Seekrieg
usw. 1912. P&py, L’asile maritime en temps de guerre eto. 1913. Derselbe,
R. G. XX 574 (geschichtlich. Annuaire XXIII. Weitere Literatur oben in
Note 1. — Italienisches Gesetz für die Handelsmarine von 1877 Art. 246—251.