358 IV. Buch. Die Erledigung der Staatenstreitigkeiten.
a) Im letzteren Fall ist der Rekurs zulässig, wenn es sich
handelt:
a) Um feindliche Güter, die auf einem neutralen Schiff verfrach-
tet sind;
B) um ein feindliches Schiff, das in den Küstengewässern einer
neutralen Macht weggenommen worden ist, falls nicht diese Macht die
Wegnahme zum Gegenstand einer diplomatischen Reklamation ge-
macht hat;
Y).um einen Anspruch auf Grund der Behauptung, daß die Weg-
nahme unter Verletzung einer zwischen den kriegführenden Mächten
geltenden Vertragsbestimmung oder einer von der nehmenden Kriegs-
macht erlassenen Rechtsvorschrift bewirkt worden ist (Art. 3).
b) Der Rekurs kann eingelegt werden:
a) Von einer neutralen Macht, wenn es sich um ihr Eigen-
tum oder das ihrer Angehörigen handelt, oder wenn die Wegnahme
eines feindlichen Schiffes in ihren Küstengewässern erfolgt ist;
8) von einer neutralen Privatperson, wenn es sich um
ihr Eigentum handelt, wobei jedoch die Macht, der sie angehört, ihr
die Anrufung des Prisenhofes untersagen oder an ihrer Stelle selbst dort
auftreten kann; |
y) von einer der feindlichen Macht angehörenden Privat-
person, wenn es sich um ihr Eigentum handelt und die oben unter
a) a oder y erwähnten Voraussetzungen gegeben sind (Art.4).
Außer den unmittelbar Beteiligten steht das Recht zur Einlegung
des Rekurses auch den neutralen oder feindlichen Beteiligten zu, die
ein Interesse an dem Obsiegen der zum Rekurs befugten Privatperson
oder neutralen Macht haben (Art.5). Über die grundsätzliche Be-
deutung des Privatpersonen eingeräumten Rekursrechtes vgl. oben 85
Note 2.
8. Der Prisenhof urteilt als Gerichtshof nach den Rechtssätzen des Völker-
rechts über den geltend gemachten Anspruch; wo solche fehlen, hat er in freier
Rechtsfindung zu entscheiden?).
Soweit nicht die zu entscheidende Rechtsfrage in’ einem Staats-
vertrage vorgesehen ist, wendet der Gerichtshof die Regeln des inter-
nationalen Rechts an. Bestehen solche nicht, so entscheidet er, in
freier Fortbildung des Völkerrechts, „nach den allgemeinen
Grundsätzen der Gerechtigkeit und der Billigkeit“ und kann dabei
5) Der Prisenhof hat mithin eine ganz andere Stellung ale der Haager Schieds-
hof: er ist ein ordentliches Gericht im technischen Sinne des Wortes. Gegen diese
von mir in der oben $ 1 Note 5 erwähnten Schrift ausgeführte Ansicht haben sich
Zorn, Pohl, Schücking, Lammasch, Cavaglieri, Heilborn u. a. aus-
gesprochen. Ich halte trotzdem an ihr fest. Für sie Hold v. Ferneck. Vgl.
auch Grosch (eben $22 Note 1) 8. 106.