Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

360 IV. Buch. Die Erledigung der Staatenstreitigkeiten. 
sehen, in öffentlicher Sitzung zu verkünden und den Parteien von Amts 
wegen zuzustellen (Art. 34 bis 45). 
3. Jede Partei trägt die Kosten der eigenen Verteidigung; die 
unterliegende Partei außerdem die Kosten des Verfahrens, und über- 
dies hat sie ein Prozent vom Wert des Streitgegenstandes als Bei- 
trag zu den allgemeinen Kosten des Prisenhofes zu zahlen. Diese 
allgemeinen Kosten werden im übrigen auf die Vertragsmächte nach 
dem Maßstab verteilt, in dem sie gemäß Artikel 15 an der Tätigkeit 
des Prisenhofes beteiligt sind (Art. 46, 47). 
4. Ist der Prisenhof nicht versammelt, so werden die richter- 
lichen Geschäfte durch eine Delegation von drei Richtern wahrgenom- 
men (Art. 48). 
VI. Übergangs- und Schlußbestimmungen (Art. 51 bis 57). 
Das Abkommen gilt für die Dauer von zwölf Jahren; in Ermange- 
lung einer Kündigung gilt es als stillschweigend von sechs zu sechs 
Jahren erneuert. 
Die Hinterlegung der Ratifikationsurkunden sollte am 30. Juni 
1909 unter der Voraussetzung stattfinden, daß die zur Ratifizierung be- 
reiten Mächte neun Richter und neun Hilfsrichter stellen könnten. 
Daß die Ratifikation durch den ablehnenden Beschluß des englischen 
Oberhauses einstweilen vereitelt worden ist, wurde bereits (oben S.33) 
erwähnt. Auf die Dauer aber werden die Lords, denen zurzeit nur 
mehr ein aufschiebendes Vetorecht zusteht, das Zustandekommen die- 
ser tiefgreifenden Weiterbildung des Völkerrechts nicht hindern können. 
Mit dem Tage, an dem der Prisenhof ins Leben tritt, beginnt für den 
völkerrechtlichen Staatenverband ‘eine neue Periode einer aufwärts- 
strebenden Entwicklung. 
8 44. Der Weltkrieg und das Völkerrecht’). 
l. Der angebliche Zusammenbruch des Völkerrechts. 
Die Zahl der im Weltkrieg vorgefallenen Verletzungen des Völkerrechts 
ist ungleich geringer, als gemeinhin angenommen zu werden pflegt. 
Gewiß sind zahlreiche und schwere Verletzungen des Völkerrechts 
in allen seinen Teilen vorgekommen; und ebenso gewiß ist es, daB 
der Glaube an die motivierende Kraft der völkerrechtlichen Normen in 
1) Außer der in $1 Note5, $ 17 Notel, $ 38 Note 12 angegebenen Literatur: 
F. Klein, Die Kulturgemeinschaft der Völker nach dem Krieg. 1915. Niedner, 
Der Krieg und das Völkerrecht. 1915. Baty and Morgan, War: its conduct 
and legal results. 1915. Triepel, Die Zukunft des Völkerrechtse. 1916. Otlet., 
Les problömes internat. et la guerre. 1916. Alvarez, Le droit internat. de 
l’Avenir. 1916 (mit guter Übersicht über die Literatur). Tönnies, Weltkrieg 
und Völkerrecht. 1917. Jastrow, Völkerrecht und Wirtschaftskrieg. 1917.
	        
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