8 44. Der Weltkrieg und das Völkerrecht. 367
nicht unmöglich; andere Gruppierungen sind mit Bestimmtheit zu er-
warten. Näheres gehört nicht an diese Stelle.
Für den organisierten Friedensverband handelt es sich darum,
die Erhaltung des Verbandsfriedens zu sichern. Um diesen Zweck zu
erreichen, wird er die Einführung des Zwanges in das Völker-
recht nicht zurückscheuen dürfen. Nicht um den Krieg für immer zu
beseitigen; denn das vermag die zwischenstaatliche Rechtsordnung
überhaupt nicht. Wohl aber um ihn auf den äußersten Fall zu beschrän-
ken. Das kann geschehen, wenn jeder Staat sich verpflichtet, nicht
früher zu den Waffen zu greifen, als bis Schiedsgericht oder Einigungs-
amt ihren Spruch abgegeben haben (vgl. oben 8 17 I und 8 38 III).
Will er dann die Entscheidung des Schwertes anrufen, so mag er es
tun. Die Verletzung der übernommenen Verpflichtung hat das Ein-
schreiten der Bundesexekution zur Folge, die zunächst in der völker-
rechtlichen Interdiktion (wirtschaftlicher Boykott, non-intercourse), im
Notfall in militärischer Intervention zu bestehen hätte®).
2. Der Wiederaufbau des Völkerrechts hat die Wiederherstellung des
Friedensrechts, die Entwicklung der der Verhinderung des Krieges dienenden
Einrichtungen, den Ausbau des Landkriegsrechts und die Neuschalfung eines
Luftkriegsrechtes und eines Seekriegsrechtes, unter Sicherung der Meeresfreihelt,
wie endlich die Regelung der Rechtsstellung der Neutralen zu umfassen.
Die Wiederherstellung des Friedensrechtes wird nach dem
oben S.365 Gesagten keine Schwierigkeiten bereiten. Eine wichtige
und erfolgversprechende Aufgabe wird die Weiterbildung und organi-
sche Zusammenfassung der internationalen Verwaltungsgemeinschaften
(oben 8 19) bilden.
Über die Entwicklung des schiedsgerichtlichen Ver-
fahrens und seine Ergänzung durch die Errichtung von Verständi-
gungsämtern ist bereits oben 8 38 III gesprochen worden.
Dem Ausbau des Landkriegsrechts wird durch die im Welt-
krieg gemachten Erfahrungen die Bahn gewiesen. Zahlreiche Lücken
sind auszufüllen (Rechtsstellung der Zivilgefangenen, der: Volkskrieg,
die kriegerische Besetzung von feindlichem Gebiet u. a.), zweifelhafte
und veraltete Bestimmungen (ich erinnere an den berüchtigten Art. 23h
der Landkriegsordnung) müssen neu gefaßt werden.
Der Luftkrieg bedarf dringend der rechtlichen Regelung; die
bisher angewendeten Analogien haben völlig versagt .(so bei der Be-
schießung unverteidigter Plätze).
6) Auf die zahlreich in der Literatur gemachten Vorschläge kann ich hier
nioht eingehen. Vgl. oben $ 17 Note 4 und dazu Kitzinger, Leipziger Zeitschrift
X 1340. Ferner: War obviated by an internat. police (Abhandlungen ver-
schiedener Verfasser). |