382 . Die II. Genfer Konvention.
Schweden, der Schweizerische Bundesrat, der Präsident des Orientalischen Frei-
staats Uruguay
gleichermaßen von dem Wunsche beseelt, so viel an ihnen liegt, die vom
Kriege unzertrennlichen Leiden zu mildern, und in der Absicht, zu diesem Zwecke
die in Genf am 22. August 1864 vereinbarten Bestimmungen zur Verbesserung
des Loses der verwundeten und kranken Militärpersonen der im Felde stehenden
Heere zu vervollkommnen und zu ergä ,
haben beschlossen, zu dem Ende ein neues Akbommen zu treffen, und haben
zu ihren Bevollmächtigten ernannt: (hier folgen die Namen), welche, nachdem sie
sich ihre Vollmachten mitgeteilt und sie in guter und gehöriger Form befunden
haben, über folgendes übereingekommen sind:
‘ Erstes Kapitel.
Verwundete und Kranke.
Art. 1. Militärpersonen und andere den Heeren dienstlich beigegebene
Personen, die verwundet oder krank sind, sollen ohne Unterschied der Staate-
angehörigkeit von der Kriegspartei, in deren Händen sie sich befinden, geachtet
und versorgt werden.
Indessen soll die Kriegspartei, die gezwungen ist, Kranke oder Verwundete
dem Gegner zu überlassen, soweit es die Kriegslage gestattet, einen Teil ihres
Sanitätspersonals und ihrer Sanitätsausrüstung zurücklassen, um zu deren Ver-
sorgung beizutragen.
Art. 2. Unbeschadet der nach Maßgabe des vorstehenden Artikels zu lei-
stenden Fürsorge sind Verwundete und Kranke eines Heeres, die in die Hände
der anderen Kriegspartei gefallen sind, Kriegsgefangene; die allgemeinen völker-
rechtlichen Regeln über Kriegsgefangene finden auf sie Anwendung.
Indessen steht es den Kriegsparteien frei, in Ansehung der verwundeten
und kranken Gefangenen solohe Ausnahme- oder Vorzugsbestimmungen unter
sich zu vereinbaren, wie sie für zweckmäßig erachten ; sie sollen insbesondere ver-
abreden können:
sich nach einem Kampfe die auf dem Schlachtfelde gebliebenen Verwun-
deten gegenseitig zurückzugeben,
die Verwundeten und Kranken, die sie nicht als Gefangene zurückbehalten
wollen, nachdem sie sie in beförderungsfähigen Zustand versetzt. haben
oder nach ihrer Heilung in ihre Heimat zurückzuschicken,
Verwundete und Kranke der Gegenpartei einem neutralen Staate zu über-
geben, wenn dieser hiermit einverstanden ist und sich verpflichtet, sie
bis zum Ende der Feindseligkeiten zu internieren.
Art. 3. Nach jedem Kampfe soll die das Schlachtfeld behauptende Partei
Maßnahmen treffen, um die Verwundeten aufzusuchen und sie, ebenso wie die
Gefallenen, gegen Beraubung und schlechte Behandlung zu schützen.
Sie soll darüber wachen, daß der Beerdigung oder Verbrennung der Ge-
fallenen eine sorgfältige Leichenschau vorangeht.
Art. 4. Jede Kriegspartei soll sobald als möglich die bei den Gefallenen
aufgefundenen militärischen Erkennungsmarken und Beweisstücke der Identität
sowie ein Namensverzeichnis der von ihr aufgenommenen Verwundeten und
Kranken deren Landesbehörden oder den Dienstbehörden ihres Heeres über-
mitteln.
Die Kriegsparteien sollen sich über die Unterbringung von Kranken und
Verwundeten, die sich in ihrer Gewalt befinden, und den Wechsel in der Unter-
bringung sowie über ihre Aufnahme in die Lazarette und die vorkommenden
Sterbefälle gegenseitig auf dem Laufenden halten. Sie sollen alle zum persönlichen
Gebrauche bestimmten Gegenstände, Wertsachen, Briefe usw., die auf dem
Sohlachtfelde gefunden oder von den in Sanitätsanstalten und -formationen
sterbenden Verwundeten und Kranken hinterlassen werden, sammeln, um sie
durch deren Landesbehörden den Berechtigten übermitteln zu lassen.