420 Konsularvertrag zwischen Deutschland u. Bulgarien, Vom 29. Sept. 1911.
destens 48 Stunden vorher von dem Konsularbeamten an sie ergangene Ein-
ladung nicht eingefunden haben, so kann der Konsularbeamte allein zur- Ab-
nahme der Siegel schreiten. Hierauf soll er ein Verzeichnis der Nachlaßgegen-
stände aufnehmen, und zwar in Gegenwart der Ortsbehörde, wenn diese infolge
der erwähnten Einladung anwesend ist. Die Ortsbehörde eoll das in ihrer Gegen-
wart aufgenommene Protokoll mitzeichnen; sie ist aber nicht befugt, für ihre
amtliche Mitwirkung Gebühren irgendwelcher Art zu beanspruchen.
$2. Die zuständige Ortsbehörde soll die in dem Lande gebräuchlichen oder
durch dessen Gesetze vorgeschriebenen Bekanntmachungen über die Eröffnung
des Nachlasses und den Aufruf der Erben oder Gläubiger erlassen und diese
Bekanntmachungen dem Konsularbeamten mitteilen; dieser kann auch seiner-
seits entsprechende Bekanntmachungen erlassen.
& 3. Der Konsularbeamte kann veranlassen, daß diejenigen beweglichen
Gegenstände, deren Aufbewahrung mit erheblichen Kosten für den Nachlaß
. verbunden wäre, öffentlich in der durch Gesetz und Gebrauch des Landes vor-
geschriebenen Weise versteigert werden.
$ 4. Der Konsularbeamte soll die in dem Nachlaßverzeichnis aufgeführten
Gegenstände, den Erlös aus dem etwaigen Verkaufe von Nachlaßgegenständen
sowie den Betrag der eingegangenen Forderungen als ein den Landesgesetzen
unterworfenes Depositum verwahren bis zum Ablauf einer Frist von zwei Mo-
naten seit der letzten von der Ortsbehörde über die Eröffnung des Nachlasses er-
lassenen Bekanntmachung oder in Ermangelung einer solchen bis zum Ablauf
einer Frist von drei Monaten seit dem Todestage.
Der Konsularbeamte hat jedoch die Befugnis, die Kosten der ärztlichen Be-
handlung und der Beerdigung des Verstorbenen, den Mietzins, den Lohn seiner
Dienstboten, etwaige Ausgaben für den Unterhalt seiner Familie sowie Gerichts-
kosten, Konsulargebühren und Kosten ähnlicher Art aus dem Nachlasse sofort
vorweg zu entnehmen.
$ 5. Vorbehaltlich der Bestimmung des $ 4 Abs. 2 hat der Konsularbeamte
das Recht, alle Maßnahmen zu treffen, die er zur Erhaltung des beweglichen
und unbeweglichen Nachlasses als im Interesse der Erben liegend erachtet. Er
kann den Nachlaß entweder persönlich oder durch einen von ihm gewählten
und in seinem Namen handelnden Vertreter verwalten, auch hat er das Recht,
die Ausantwortung aller dem Verstorbenen gehörenden Wertgegenstände zu
verlangen, die sich in öffentlichen Kassen oder in den Händen von Privatpersonen
finden.
$ 6. Sollte während der im $ 4 Abs, 1 bestimmten Frist über Ansprüche von
Landesangehörigen oder Angehörigen einer dritten Macht gegen den Nachlaß
Streit entstehen, so haben darüber ausschließlich die Landesgerichte zu entschei-
den, es sei denn, daß es sich um einen Erbanspruch oder ein Vermächtnis handelt.
Sollte der Bestand des Nachlasses zur Bezahlung der Schulden nicht aus-
reichen, so können die Gläubiger, sofern die Gesetze des Landes es gestatten, bei
der zuständigen Ortsbehörde die Eröffnung. des Konkurses beantragen. Nach
- der Konkurseröffnung sollen alle Naohlaßgegenstände der Ortsbehörde oder dem
Konkursverwalter übergeben werden; dabei bleibt es die Aufgabe des Konsular-
beanıten, die Interessen der Angehörigen des von ihm vertretenen Teiles wahr-
zunehmen.
$ 7. Wenn mit Ablauf der im $ 4 Abs. 1 bestimmten Frist keine Forderung
gegen den Nachlaß vorliegt, so soll der Konsularbeamte, nachdem alle dem Nach-
lasse zur Last fallenden Kosten und Rechnungen nach den im Lande geltenden
Tarifen bezahlt und berichtigt sind, endgültig Besitz von dem Nachlaß ergreifen,
ihn liquidieren und den Erben überweisen, ohne daß er anderweit als seiner
eigenen Regierung Rechnung abzulegen hat.
$ 8. In allen Fragen, die über die Eröffnung, Verwaltung und Liquidation
des Nachlasses von Angehörigen des einen Landes in dem anderen entstehen,
sollen die Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln und Konsularagenten ohne
weiteres zur Vertretung der Erben befugt sein; sie sind amtlich als deren Bevoll-