422 Konsularvertrag zwischen Deutschland u. Bulgarien. Vom 29. Sept. 1911.
den zur Schiffsbesatzung gehörenden Personen vor den Gerichten und Verwaltungs-
behörden des Landes erscheinen und ihnen dort als Dolmetscher oder Agenten
dienen.
Art.21. Soll in einem Hafen des einen Teiles an Bord eines Kauffahrtei-
schiffs des anderen Teiles eine Untersuchungshandlung (Durchsuchung, Beschlag-
nahme, Verhaftung, vorläufige Festnahme, Vernehmung), eine Zwangsvollstreckung
oder eine andere Handlung amtlichen Zwanges vorgenommen werden, so ist hiervon
der für den Hafenort zugelassene und an diesem Orte oder in dessen Nähe wohn-
hafte Generalkonsul, Konsul, Vizekonsul oder Konsularagent des Teiles, dem das
Schiff angehört, unter Angabe der Stunde zu benachrichtigen und zur Anwesen-
heit einzuladen. Erscheint weder der Konsularbeamte noch ein von ihm abgeord-
neter Vertreter, so kann die Amtshandlung in seiner Abwesenheit vorgenommen
werden. Ist Gefahr im Verzuge, so bedarf es der vorgängigen Benachrichtigung
nicht. Dem Konsularbeamten ist jedoch tunlichst bald von der Amtshandlung
Nachricht zu geben; das Gleiche gilt, wenn der Konsularbeamte nicht in dem
Hafenort oder in dessen Nähe wohnt.
Die vorstehenden Bestimmungen finden auch Anwendung, wenn Personen
der Schiffsbesatzung an Land vor den Behörden des Hafenorts vernommen werden
sollen oder sonst Erklärungen abzugeben haben, es sei denn, daß es sich um Ver-
richtungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, insbesondere um Verklarungen han-
delt, die auf Ant einer Person der Schiffsbesatzung vorgenommen werden.
Eine Benachrichtigung des Konsularbeamten unterbleibt bei Schiffsbesuchen
und Besichtigungen, die im zollamtlichen oder gesundheitspolizeilichen Interesse
oder aus Anlaß der Erhebung von Schiffahrtsabgaben vorzunehmen sind.
Art.22. Den Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln und Konsularagenten
steht ausschließlich die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung an Bord der Kauf-
fahrteischiffe des von ihnen vertretenen Teiles zu; sie haben daher allein Streitig-
keiten zwischen den zur Schiffsbesatzung gehörenden Personen zu schlichten, ins-
besondere solche, die sich auf die Heuer und die Erfüllung gegenseitiger Verpflioh-
tungen beziehen.
Die Landesbehörden dürfen bei Ausschreitungen an Bord der Schiffe nur
dann eingreifen, wenn solche geeignet sind, die Ruhe oder öffentliche Ordnung im
Hafen oder am Lande zu stören, oder wenn eine nicht zur Schiffsbesatzung ge-
hörende Person beteiligt ist.
In allen anderen Fällen haben die Landesbehörden sich darauf zu beschränken,
dem Konsularbeamten auf Verlangen Beistand zu gewähren. Insbesondere haben
sie eine zur Schiffsbesatzung gehörende Person an Bord zurückzuführen oder die
Person, wenn es sich nicht um einen Landesangehörigen handelt, festzunehmen.
Die Festnahme ist auf ein schriftliches, an die Landesbehörde gerichtetes und
von einem beglaubigten Auszug aus der Musterrolle begleitetes Ersuchen bis zur
Dauer von zwei Monaten oder, wenn das Schiff länger im Hafen bleibt und der Fest-
genommene an Bord zurückgeführt werden soll, bis zur Abfahrt des Schiffes
aufrechtzuerhalten. Die Kosten der Festnahme und der Festhaltung solcher Per-
sonen werden von dem Konsularbeamten getragen.
Art.23. Die Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln und Konsuiaragenten
können die zur Besatzung von Kriegs- oder Kauffahrteischiffen des von ihnen ver-
tretenen Teiles gehörenden Personen, die von solchen Schiffen entwichen sind,
festnehmen lassen, um sie an Bord oder nach dem Flaggenstaate zu senden.
Zu diesem Zwecke haben sie sich schriftlich an die Ortsbehörden zu wenden
und durch amtliche Urkunden, insbesondere durch beglaubigte Auszüge aus der
Musterrolle nachzuweisen, daß die Person, deren Übergabe verlangt wird, zur
Besatzung des Schiffes gehört. An Orten, an denen sich ein Konsularbeamter nicht
befindet, kann der Antrag unter Beobachtung derselben Formvorschriften durch
den Schiffsführer selbst gestellt werden. Die Übergabe darf nur auf Grund des
Nachweises verweigert werden, daß die entwichene Person ein Landesangehöriger ist.
Die Ortsbehörden sollen die festgenommenen Personen auf Antrag und auf
Kosten des Konsularbeamten in den ÖOrtsgefängnissen in Gewahrsam halten.
Findet der Konsularbeamte innerhalb der beiden auf den Tag der Festnalıme