Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

Auslieferungsvertrag zwischen Deutschland u. Türkei. Vom 11.Jan. 1917. 427 
Art. 10. Ist die beanspruchte Person von den Behörden des ersuchten Teiles 
wegen einer anderen Handlung, als deretwegen die Auslieferung beantragt wird, 
zur Untersuchung gezogen oder verurteilt worden, so kann die Auslieferung, unbe- 
schadet der alsbald über den Antrag zu treffenden Entscheidung, ausgesetzt werden, 
bis das Strafverfahren beendigt ist und die ausgesprochene Strafe vollzogen oder 
erlassen ist. 
Doch kann schon vorher eine einstweilige Auslieferung zur Fortfü der 
bei den Behörden des ersuchenden Teiles schwebenden Untersuchung und zur 
Aburteilung bewilligt werden, wenn dieser Teil sich verpflichtet, den einstweilen 
Ausgelieferten nach der Vornahme der beabsichtigten Untersuchungshandlungen 
oder der Aburteilung ohne Verzug zurückzuliefern. 
Art. 11. Der ersuchte Teil kann, wenn die Auslieferung auch von einem 
dritten Staate oder von mehreren anderen Staaten beantragt wird, dem Ausliefe- 
rungsantrag des dritten Staates oder eines der anderen Staaten den Vorzug geben, 
sofern er solches den Interessen der Strafrechtspflege mehr entsprechend findet. 
Art. 12. Schwebt bei den Behörden des ersuchten Teiles aus anderem Anlaß 
als wegen einer strafbaren Handlung ein Verfahren, worin die zwangsweise Vor- 
führung oder die Haft der beanspruchten Person angeordnet werden kann, so 
kann die Auslieferung ausgesetzt werden, bis das Verfahren beendigt und die Haft 
vollstreckt ist. 
Abgesehen von diesen Fällen kann daraus, daß die beanspruchte Person 
durch die Auslieferung an der Erfüllung von Verbindlichkeiten verhindert wird, 
die sie im Gebiete des ersuchten Teiles eingegangen ist, kein Einwand gegen die 
Auslieferung hergeleitet werden. Doch bleiben die Rechte der Betsiligten gewahrt; 
es bleibt diesen vorbehalten, ihre Ansprüche im Rechtswege geltend zu machen. 
Art. 13. Wird die Auslieferung bewilligt, so ist det Auszuliefernde, falls er zu 
Lande aus dem Gebiete des ersuchten Teiles weitergeführt werden soll, an den 
zu vereinbarenden Grenzort des für die Weiterführung in Betracht kommenden 
dritten Staates zu führen, sobald die Übernshme an diesem Orte sichergestellt ist. 
Soll die Weiterführung zur See erfolgen, so ist der Auszuliefernde an denjenigen’ 
Hafenort des ersuchten Teiles zu führen, wo die Einschiffung zu geschehen hat. 
Art. 14. Auf die Durchlieferung der an einen der vertragschließenden Teile 
von einem dritten Staate ausgelieferten oder zurückzuliefernden oder der an ihn ab- 
zuliefernden Personen durch das Gebiet des anderen Teiles, sowie.auf deren Be- 
förderung über See auf einem Schiffe dieses Teiles finden die über die Auslieferung 
in den Artikeln 1 bis 5, 8 bis 10, 12 getroffenen Bestimmungen entsprechende 
Anwendung. \ 
Die Durchlieferung ist von den Behörden des ersuchten Teiles auf dem Wege 
auszuführen, der ihm am geeignetsten erscheint. 
Art. 15. Sachen, die sich bei einer Festnahme im Gewahrsam des Festge- 
nommenen befinden, sind in Beschlag zu nehmen. . 
Die in Beschlag genommenen hen sind bei der Auslieferung mit dem 
Auszuliefernden auszuhändigen, sofern nicht Ansprüche Dritter entgegenstehen. 
Das Gleiche gilt für Sachen, die mit einer durchzuliefernden Person übernommen 
‚sind. Die Sachen sind auch auszuhändigen, wenn der Auszuliefernde oder der 
Durchzuliefernde infolge seines Todes oder aus einem anderen in seiner Person 
liegenden Grunde nicht übergeben werden kann. 
Art. 16. Der Ausgelieferte darf wegen einer vor der Auslieferung bogangenen 
strafbaren Handlung nur insoweit zur Untersuchung gezogen oder bestraft oder 
an einen dritten Staat weitergeliefert werden, als die Auslieferung wegen dieser 
Handlung bewilligt oder der Verfolgung oder Bestrafung ihretwegen von dem er- 
suchten Teile zugestimmt ist. " 
Ergibt sich in der Beurteilung der Tat, deretwegen die Ausliefe statt- 
gefunden 'hat, gegenüber den mit dem Auslieferungsantrage vorgelegten Schrift- 
stücken eine solche Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes, daß es zweifel- 
haft wird, ob unter dem neuen Gesichtspunkt eine Auslieferung wegen der Tat zu 
beanspruchen gewesen wäre, so bedarf es zur Fortführung des Verfahrens der 
Zustimmung des ersuchten Teiles.
	        
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