436 Schlußakte der Haager Friedenskonferenz vom 29. Juli 1899.
abrede sowie eines jeden Schiedsspruchs mitzutheilen, der sie betrifft und durch
besondere Schiedasgerichte erlassen ist.
Sie machen sich anheischig, dem Büreau ebenso die Gesetze, allgemeinen
Anordnungen und Urkunden mitzutheilen, die gegebenen Falles die V ollziehung
der von dem Schiedshof erlassenen Sprüche darthun.
Art.23. Jede Signatarmacht wird binnen drei Monaten, nachdem sie dieses
Abkommen ratifizirt hat, höchstens vier Personen von anerkannter Sachkunde
in Fragen des Völkerrechts benennen, die sich der höchsten sittlichen Achtung
erfreuen und bereit sind, ein Schiedsrichteramt zu übernehmen.
Die so benannten Personen sollen unter dem Titel von Mitgliedern des
Schiedshofs in eine Liste eingetragen werden; diese soll allen Signatarmächten
durch das Büreau mitgetheilt werden.
Jede Aenderung in der Liste der Schiedsrichter wird durch das Büreau
zur Kenntniss der Signatarmächte gebracht.
Zwei oder mehrere Mächte können sich über die gemeinschaftliche Be-
nennung eines Mitglieds oder mehrerer Mitglieder verständigen.
Dieselbe Person kann von verschiedenen Mächten benannt werden.
Die Mitglieder des Schiedshofs werden für einen Zeitraum von sechs Jahren
ernannt. Ihre Wiederernennung ist zulässig.
Im Falle des Todes oder des Ausscheidens eines Mitglieds des Schiedshofs
ertolgt sein Ersatz in der für seine Ernennung vorgesehenen Weise.
Art.24. Wollen die Signatarmächte sich zur Erledigung einer unter ihnen
entstandenen Streitfrage an den Schiedshof wenden, so muss die Auswahl der
Schiedsrichter, welche berufen sind, das für die Entscheidung dieser Streitfrage
zuständige Schiedsgericht zu bilden, aus der Gesammtliste der Mitglieder des
Schiedshofs erfolgen.
In Ermangelung einer Bildung des Schiedsgerichts mittelst unmittelbarer
Verständigung der Parteien wird in folgender Weise verfahren:
Jede Partei ernennt zwei Schiedsrichter und diese wählen gemeinschaftlich
einen Obmann.
Bei Stimmengleichheit wird die Wahl des Obmanns einer dritten Macht
anvertraut, über deren Bezeichnung sich die Parteien einigen.
Kommt eine Einigung hierüber nicht zu Stande, so bezeichnet jede Partei
eine andere Macht. und die Wahl des Obmanns erfolgt durch die so bezeichneten
Mächte in Uebereinstimmung.
Nachdem das Schiedsgericht so gebildet ist, theilen die Parteien dem Büreau
ihren Entschluss, sich an den Schiedshof zu wenden, und die Namen der ‚Schieds-
richter mit.
Das Schiedsgericht tritt an dem von den Parteien festgesetzten Tage zu-
sammen.
Die Mitglieder des Schiedshofs geniessen während der Ausübung ihres Amtes
und ausserhalb ihres Heimathlandes die diplomatischen Vorrechte und Befreiungen.
Art.25. Das Schiedsgericht hat regelmässig seinen Sitz im Haag.
Abgesehen von dem Falle höherer Gewalt darf der Sitz vom Schiedsgerichte
nur mit Zustimmung der Parteien verlegt werden.
Art.26. Das internationale Büreau im Haag ist ermächtigt, sein Geschäfts-
lokal und seine Geschäftseinrichtung den Signatarmächten für die Thätigkeit
eines jeden besonderen Schiedsgerichts zur Verfügung zu stellen.
Die Schiedsgerichtsbarkeit des ständigen Schiedshofs kann unter den durch
die allgemeinen Anordnungen festgesetzten Bedingungen auf Streitigkeiten
zwischen anderen Mächten als Signatarmächten oder zwischen Signatarmächten
und anderen Mächten erstreckt werden, wenn die Parteien übereingekommen
sind, diese Schiedsgerichtsbarkeit anzurufen.
Art.27. Die Signatarmächte betrachten es als Pflicht, in dem Falle, wo
ein ernsthafter Streit zwischen zwei oder mehreren von ihnen auszubrechen droht,
diese daran zu erinnern, dass ihnen der ständige Schiedshof offen steht.
Sie erklären demzufolge, dass die Handlung, womit den im Streite befind-
lichen Theilen die Bestimmungen dieses Abkommens in Erinnerung gebracht
werden, und der im höheren Interesse des Friedens ertheilte Rath, sich an den