I. Abkommen (Erledigung internationaler Streitfälle). 457
Sie sind außerdem berechtigt, Reohtsbeistände oder Anwälte, die sie ernennen,
mit der Darlegung und Wahrnehmung ihrer Interessen vor der Kommission zu
beauftragen.
Art.15. Das Internationale Bureau des Ständigen Schiedshofs dient den
Kommissionen, die ihren Sitz im Haag haben, für die Bureaugeschäfte und hat
sein Geschäftslokal und seine Geschäftseinrichtung den Vertragsmächten für die
Tätigkeit der Untersuchungskommission zur Verfügung zu stellen.
Art.16. Hat die Kommission ihren Sitz anderswo als im Haag, so ernennt
sie einen Generalsekretär, dessen Bureau ihr für die Bureaugeschäfte dient.
Dem Bureauvorstande liegt es ob, unter der Leitung des Vorsitzenden die
äußeren Vorkehrungen für die Sitzungen der Kommission zu treffen, die Proto-
kolle abzufassen und während der Dauer der Untersuchung das Archiv auf-
zubewahren, das später an das Internationale Bureau im Haag abzugeben ist.
Art.17. Um die Einsetzung und die Tätigkeit der Untersuchungskommis-
sionen zu erleichtern, empfehlen die Vertragsmächte die nachstehenden Regeln,
die auf das Untersuchungsverfahren Anwendung finden, soweit die Parteien
nicht andere Regeln angenommen haben.
Art. 18. Die Kommission soll die Einzelheiten des Verfahrens bestimmen,
die weder in dem Untersuchungsabkommen noch in dem vorliegenden Abkommen
geregelt sind ; sie soll zu allen Förmlichkeiten schreiten, welche die Beweisaufnahme
mit sich bringt.
Art.19. Die Untersuchung erfolgt kontradiktorisch.
Zu den vorgesehenen Zeiten übermittelt jede Partei.der Kommission und
der Gegenpartei gegebenen Falles die Darlegungen über den Tatbestand und in
jedem Falle die Akten, Schriftstücke und Urkunden, die sie zur Ermittelung
der Wahrheit für nützlich erachtet, sowie eine Liste der Zeugen und Sachverstän-
digen, deren Vernehmung sie wünscht.
Art. 20. Die Kommission ist befugt, mit Zustimmung der Parteien sich
zeitweilig an Orte zu begeben, wo sie dieses Aufklärungsmittel anzuwenden für
nützlich erachtet, oder dorthin eins oder mehrere ihrer Mitglieder abzuordnen.
Die Erlaubnis des Staates, auf dessen Gebiete zu der Aufklärung geschritten
werden soll, ist einzuholen.
Art. 21. Alle tatsächlichen Feststellungen und Augenscheinseinnahmen
müssen in Gegenwart oder nach gehöriger Ladung der Agenten und Rechtsbei-
stände der Parteien erfolgen.
Art.22. Die Kommission hat das Recht,- von beiden Parteien alle Aus-
künfte oder Aufklärungen zu verlangen, die sie für nützlich erachtet.
Art.23. Die Parteien verpflichten sich, der Untersuchungskommission in
dem weitesten Umfange, den sie für möglich halten, alle zur vollständigen Kennt-
nis und genauen Würdigung der in Frage kommenden Tatsachen notwendigen
Mittel und Erleichterungen zu gewähren.
Sie verpflichten sich, diejenigen Mittel, über welche sie nach ihrer inneren
Gesetzgebung verfügen, anzuwenden, um das Erscheinen der vor die Kommission
geladenen Zeugen und Sachverständigen, die sich auf ihrem Gebiete befinden,
herbeizuführen.
Sie werden, wenn diese nicht vor der Kommission erscheinen können, deren
Vernehmung durch ihre zuständigen Behörden veranlassen.
Art.24. Die Kommission wird sich zur Bewirkung aller Zustellungen, die
sie im Gebiet einer dritten Vertragsmacht herbeizuführen hat, unmittelbar an
die Regierung dieser Macht wenden. Das gleiche gilt, wenn es sich um die Herbei-
führung irgendwelcher Beweissaufnahmen an Ort und Stelle handelt.
Die zu diesem Zweck erlassnenen Ersuchen sind nach Maßgabe derjenigen
Mittel zu erledigen, über welche die ersuchte Macht nach ihrer inneren Gesetz-
gebung verfügt. Sie können nur abgelehnt werden, wenn diese Macht sie für
geeignet hält, ihre Hoheitsrechte oder ihre Sicherheit zu gefährden.
Auch steht der Kommission stets frei, die Vermittelung der Macht in An-
pruch zu nehmen, in deren Gebiete sie ihren Sitz hat.