464 Schlußakte der Zweiten internationalen Friedenskonferenz (1907).
Jede Entscheidung ergeht nach der Mehrheit der Mitglieder des Sohieds-
gerichte.
Art.79. Der Schiedsspruch ist mit Gründen zu verseben. Er enthält die
Namen der Schiedsrichter und wird von dem Vorsitzenden und dem Bureau-
vorstand oder dem dessen Tätigkeit wahrnehmenden Sekretär unterzeichnet,
Art. 80. Der Schiedsspruch wird in öffentlicher Sitzung des Schiedsgerichte
in Gegenwart oder nach gehöriger Ladung der Agenten und Rechtsbeistände
der Parteien verlesen.
Art. 81. Der gehörig verkündete und den Agenten der Parteien zugestellte
Schiedsspruch entscheidet das Streitverhältnis endgültig und mit Ausschließung
der Berufung. .
Art. 82. Alle Streitfragen, die etwa zwischen den Parteien wegen der Aus-
legung und der Ausführung des Schiedsspruchs entstehen, unterliegen, unbeschadet
anderweitiger Abrede, der Beurteilung des Schiedsgerichts, das den Spruch er-
lassen hat,
Art.83. Die Parteien können sich im Schiedsvertrage vorbehalten, die
Nachprüfung (Revision) des Schiedsspruchs zu beantragen.
er Antrag muß in diesem Falle, unbeschadet anderweitiger Abrede, bei
dem Schiedsgericht angebracht werden, das den Spruch erlassen hat. Er kann
nur auf die Ermittelung einer neuen Tatsache gegründet werden, die einen ent-
scheidenden Einfluß auf den Spruch auszuüben geeignet gewesen wäre und bei
Schluß der Verhandlung dem Schiedsgerichte selbst und der Partei, welche die
Nachprüfung beantragt hat, unbekannt war.
Das Nachprüfungsverfahrer kann nur eröffnet werden durch einen Be-
echluß des Schiedsgerichts, der das Vorhandensein der neuen Tatsache ausdrück-
lich feststellt, ihr die im vorstehenden Absatze bezeichneten Merkmale zuerkennt
und den Antrag insoweit für zulässig erklärt.
Der Schiedsvertrag bestimmt die Frist, innerhalb deren der Nachprüfungs-
antrag gestellt werden muß.
Art. 84 Der Schiedsspruch bindet nur die streitenden Parteien.
- Wenn es sich um die Auslegung eines Abkommens handelt, an dem sich
noch andere Mächte beteiligt haben, als die streitenden Teile, so benachrichtigen
diese rechtzeitig alle Signatarmächte. Jede dieser Mächte hat das Recht, sich
an der Streitsache zu beteiligen. Wenn eine oder mehrere von ihnen von dieser
Berechtigung Gebrauch gemacht haben, so ist die in dem Schiedsspruch ent-
haltene Auslegung auch in Ansehung ihrer bindend.
Art. 85. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten des Schieds-
gerichts zu gleichem Anteile.
Viertes Kapitel. Abgekürztes Schiedsverfahren,
Art. 86. Um die Betätigung des Schiedswesens bei Streitigkeiten zu er-
leichtern, die ihrer Natur nach ein abgekürztes Verfahren gestatten, stellen die
Vertragsmächte die nachstehenden Regeln auf, die befolgt werden sollen, soweit
nicht abweichende Abmachungen bestehen, und unter dem Vorbehalte, daß
geeigneten Falles die nicht widersprechenden Bestimmungen des dritten Kapitels
zur Anwendung kommen. .
Art. 87. Jede der streitenden Parteien ernennt einen Schiedsrichter. Die
beiden so bestellten Schiedsrichter wählen einen Obmann. Wenn sie sich hierüber
nicht einigen, so schlägt jeder zwei Personen vor, die aus der allgemeinen Liste
der Mitglieder des Ständigen Schiedshofs, mit Ausnahme der von den Parteien
selbst benannten Mitglieder, genommen und nicht Staatsangehörige einer von
ihnen sind; das Los bestimmt, welche unter den so vorgeschlagenen Personen
der Obmann sein soll.
Der Obmann sitzt dem Schiedsgerichte vor, das seine Entscheidungen nach
Stimmenmehrheit fällt.
Art.88. In Ermangelung einer vorherigen Vereinbarung bestimmt das
Schiedsgericht, sobald es gebildet ist, die Frist, binnen deren ihm die beiden
Parteien ihre Schriftsätze einreichen müssen,