IX. Abkommen (Beschießung durch Seestreitkräfte). Vom 18. Okt. 1907. 487
Wenn zwingende militärische Gründe, die ein sofortiges Handeln erfordern,
die Bewilligung einer Frist nicht gestatten, so versteht es sich, daß das Verbot
der BeschießBung der unverteidigten Stadt ebenso wie im Falle des Abs. 1 bestehen
bleibt und daß der Befehlshaber alle erforderlichen Anordnungen zu treffen hat,
damit daraus für die Stadt möglichst wenig Nachteile entstehen.
Art.3. Nach ausdrücklicher Ankündigung kann zur Beschießung unver-
teidigter Häfen, Städte, Dörfer, Wohnstätten und Gebäude geschritten werden,
wenn die Ortsbehörde, nachdem sie durch eine förmliche Aufforderung in Verzug
gesetzt ist, sich weigert, einer Anforderung von Lebensmitteln oder Vorräten
nachzukommen, die für das augenblickliche Bedürfnis der vor der Ortschaft liegen-
den Seestreitmacht benötigt werden.
Die angeforderten Leistungen müssen im Verhältnisse zu den Hilfsquellen
der Ortschaften stehen. Sie sollen nur mit Ermächti des Befehlshabers der
Seestreitmacht gefordert und soviel wie möglich bar t werden; andernfalls
sind dafür Empfangsbescheinigungen auszustellen.
Art.4. Es ist untersagt, unverteidigte Häfen, Städte, Dörfer, Wohnstätten
und Gebäude zu beschießen, weil sie Auflagen in Geld nicht bezahlt haben.
Zweites Kapitel. Allgemeine Bestimmungen.
Art. 5. Bei der Beschießung durch Seestreitkräfte sollen von dem Befehls-
haber alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden, um die dem Gbottes-
dienste, der Kunst, der Wissenschaft und der Wohltätigkeit gewidmeten Gebäude,
die geschichtlichen Denkmäler, die Hospitäler und "Sammelplätze für Kranke
oder Verwundete soviel wie möglich zu schonen, vorausgesetzt, daß sie nicht
gleichzeitig zu einem militärischen Zwecke Verwendung finden.
Pflicht der Einwohner ist es, diese Denkmäler, Gebäude oder Sammelplätze
durch deutliche Zeichen kenntlich zu machen, die aus großen und steifen recht-
eckigen Flächen bestehen und diagonal in zwei Dreiecke, das obere von schwarzer,
das untere von weißer Farbe, geteilt sein sollen.
Art.6. Mit Ausnahme des Falles, wo die militärischen Erfordernisse es
nicht gestatten, soll der Befehlshaber der angreifenden Seestreitmacht vor Er-
öffnung der Beschießung alles was an ihm liegt tun, um die Behörden zu benach-
richtigen.
a 7. Es ist untersagt, Städte oder Ortschaften, selbst wenn sie im Sturme
genommen sind, der Plünderung preiszugeben.
Drittes Kapitel. Schlußbestimmungen.
Art.8. Die Bestimmungen dieses Abkommens finden nur zwischen den
Vertragsmächten Anwendung und nur dann, wenn die Kriegführenden sämtlich
Vertragsparteien sind.
Art.9. Dieses Abkommen soll möglichst bald ratifiziert werden.
Die Ratifikationsurkunden sollen im Haag hinterlegt werden.
Die erste Hinterlegung von Ratifikationsurkunden wird durch ein Protokoll
festgestellt, das von den Vertretern der daran teilnehmenden Mächte und von
dem Niederländischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten unterzeichnet
Die späteren Hinterlegungen von Ratifikationsurkunden erfolgen mittels
einer schriftlichen, an die Regierung der Niederlande gerichteten Anzeige, der
die Ratifikationsurkunde beizufügen ist.
Beglaubigte Abschrift des Protokolls über die erste Hinterlegung von Rati-
fikationsurkunden, der im vorstehenden Absatz erwähnten Anzeigen sowie der
Ratifikationsurkunden wird durch die Regierung der Niederlande den zur Zweiten
Friedenskonferenz eingeladenen Mächten sowie den anderen Mächten, die denı
Abkommen beigetreten sind, auf diplomatischem Wege mitgeteilt werden. In
den Fällen des vorstehenden Absatzes wird die bezeichnete Regierung ihnen zu-
gleich bekanntgeben, an welchem Tage sie die Anzeige erhalten hat.
Art.10. Die Mächte, die nicht unterzeichnet haben, können diesem Ab-
kommen später beitreten.