XI. Abkommen (Beuterecht im Seekrieg).. Vom 18. Oktober 1907. 493
in der Meinung, daß es, um dieses zu erreichen, ratsam erscheint, im gemein-
samen Interesse gewisse veraltete und einander widersprechende Übungen auf-
zugeben oder gegebenen Falles miteinander in Einklang zu bringen und an die
Zusammenstellung gemeinsamer Regeln für den dem friedlichen Handel und der
harmlosen Arbeit gebührenden Schutz sowie für die Vornahme der Feindselig-
keiten zur See zu gehen, daß es ferner von Wert ist, in schriftlichen gegenseitigen
Verpflichtungen die Grundsätze festzulegen, die bisher dem unsicheren Gebiete der
Streitfragen angehörten oder dem Ermessen der Regierungen überlassen waren,
gegenwärtig eine gewisse Anzahl von Regeln aufgestellt werden können,
ohne das in Geltung befindliche Recht in Ansehung der darin nicht vorgesehenen
Gebiete zu berühren,
haben zu Ihren Bevollmächtigten ernannt:
(Bezeichn der Bevollmächtigten)
welche, nachdem sie ihre Vollmachten hinterlegt und diese in guter und gehöriger
Form befunden haben, über folgende Bestimmungen übereingekommen sind:
Erstes Kapitel. Briefpostsendungen.
Art.1. Die auf See auf neutralen oder feindlichen Schiffen vorgefundenen
Briefpostsendungen der Neutralen oder der Kriegführenden, mögen sie amtlicher
oder privater Natur eein, sind unverletzlich. olgt die Beschlagnahme des
Schiffes, so sind sie von dem Beschlagnehmenden möglichst unverzüglich weiter-
zubefördern.
Die Bestimmungen des vorstehenden Absatzes finden im Falle des Blockade-
bruchs keine Anwendung auf die Briefsendungen, die nach dem blockierten Hafen
bestimmt sind oder von ihm kommen.
Art.2. Die Unverletzlichkeit der Briefpostsendungen entzieht die neutralen
Postdampfer nicht den Gesetzen und Gebräuchen des Seekriegs, welche die neutralen
Kauffahrteischiffe im gemeinen betreffen. Doch soll ihre Durchsuchung nur
im Notfall unter möglichster Schonung und mit möglichster Beschleunigung
vorgenommen werden.
Zweites Kapitel, Befreiung gewisser Fahrzeuge von der Wegnahme.
Art.3. Die ausschließlich der Küstenfischerei' oder den Verrichtungen
der kleinen Lokalschiffahrt dienenden Fahrzeuge sowie ihr Fischereigerät, ihre
Takelage, ihr Schiffsgerät und ihre Ladung sind von der Wegnahme befreit.
Die Befreiung hört auf, sobald sie in irgendwelcher Art an den Feindselig-
keiten teilnehmen.
Die Vertragamächte versagen es sich, den harmlosen Charakter dieser Fahr-
zeuge auszunutzen, um sie unter Beibehaltung ihres friedlichen Aussehens zu
militärischen Zwecken zu verwenden.
Art.4. Von der Wegnahme sind gleichermaßen die Schiffe befreit, die mit
religiösen, wissenschaftlichen oder menschenfreundlichen Aufgaben betraut sind.
Drittes Kapitel. Behandlung der Besatzung der von einem Kriegführenden weg-
genommenen feindlichen Kauffahrteischiffe,
Art.5. Wird von einem Kriegführenden ein feindliches Kauffahrteischiff
weggenommen, so wird dessen Mannschaft, soweit sie einem neutralen Staate
angehört, nicht zu Kriegsgefangenen gemacht.
Das gleiche gilt von dem Kapitän und den Offizieren, die ebenfalls einem
neutralen Staate angehören, wenn sie ein förmliches schriftliches Versprechen
abgeben, während der Dauer des Krieges auf keinem feindlichen Schiffe Dienste
zu nehmen.
Art.6. Der Kapitän, die Offiziere und die Mitglieder der Mannschaft, die
dem feindlichen Staate angehören, werden nicht zu Kriegsgefangenen gemacht,
sofern sie sich unter Bekräftigung mit einem förmlichen schriftlichen Versprechen
verpflichten, während der Dauer der Feindseligkeiten keinen Dienst zu über-
nehmen, der mit den Kriegsunternehmungen im Zusammenhange steht.
Art.7. Die Namen der unter den Voraussetzungen des Artikel 5 Abs. 2
und des Artikel 6 frei gelassenen Personen werden von der nehmenden Kriegs-