Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

XII. Abkommen (Internationaler Prisenhof). Vom 18. Oktober 1907. 497 
Die Ernennung der Richter und Hilfsrichter hat binnen sechs Monaten 
nach der Ratifikation dieses Abkommens zu erfolgen. 
Art.11. Die Richter und Hilfsrichter werden für einen Zeitraum von sechs 
Jahren ernannt, gerechnet von dem Tage, wo der durch das Abkommen zur fried- 
lichen Erledigung internationaler Streitfälle vom 29. Juli 1899 eingesetzte Ver- 
waltungsrat von ihrer Ernennung Nachricht erhält. Ihre Wiederernennung ist 
Im Falle des Todes oder des Rücktrittse eines Richters oder Hilfsrichters 
erfolgt sein Ersatz in der für seine Ernennung vorgesehenen Weise. In diesem 
Falle geschieht die Ernennung für einen neuen Zeitraum von sechs Jahren. 
At.12. Die Richter des Internationalen Prisenhofs stehen einander gleich ; 
sie erhalten ihren Rang nach dem Tage, an dem die Nachricht von ihrer Ernennung 
eingegangen ist (Artikel 11 Abs. 1), und wenn sie der Reihe nach zu einem Sitze 
berufen sind (Artikel 15 Abs. 2), nach dem Tage des Eintritts in ihre Amte- 
tätigkeit. Ist der Tag derselbe, so gebührt der Vorrang dem der Geburt nach 
älteren. 
Die Hilfsrichter sind bei der Ausübung ihres Amtes den Richtern selbst 
gleichgestellt. Doch haben sie ihren Rang hinter diesen. 
Art.13. Die Richter genießen während der Ausübung ihres Amtes und 
außerhalb ihres Heimatlandes die diplomatischen Vorrechte und Befreiungen. 
Die Richter haben, bevor sie ihren Sitz einnehmen, vor dem Verwaltungs- 
rat einen Eid zu leisten oder eine feierliche Versicherung abzugeben, daß sie ihr 
Amt unparteiisch und auf das gewissenhafteste ausüben werden. 
Art.14. Der. Prisenhof wird mit der Anzahl von fünfzehn Richtern besetzt; 
neun Richter genügen zur Beschlußfähigkeit. 
Ein abwesender oder verhinderter Richter wird durch den Hilfsrichter 
vertreten. 
Art. 15. Zu einem Sitze sind ständig berufen die Richter, die von den nach- 
stehend bezeichneten Vertragsmächten ernannt sind: Deutschland, Vereinigte 
Staaten von Amerika, Österreich-Ungarn, Frankreich, Großbritannien, Italien, 
Japan und Rußland. | 
Die Richter und Hilfsrichter, die von den übrigen Vertragsmächten ernannt 
sind, sitzen der Reihe nach gemäß der diesem Abkommen beigefügten Liste; 
ihre Verrichtungen können nacheinander von derselben Person wahrgenommen 
werden. Derselbe Richter kann von mehreren dieser Mächte ernannt werden. 
Art.16. Hat eine kriegführende Macht nach Maßgabe der Reihenfolge 
keinen im Prisenhofe sitzenden Richter, so kann sie verlangen, daß der von ihr 
ernannte Richter an der Aburteilung aller aus dem Kriege herrührenden Sachen 
teilnimmt. In diesem Falle entscheidet das Los, wer von den auf Grund der Reihen- 
folge sitzenden Richtern auszuscheiden hat. Dieser Ausschluß darf nicht den 
von dem anderen Kriegführenden ernannten Richter betreffen, 
Art.17. Ein Richter kann seinen Sitz nicht einnehmen, wenn er in irgend 
einer Eigenschaft bei der Entscheidung der nationalen Gerichte mitgewirkt hat 
oder ale Rechtsbeistand oder Anwalt einer Partei an dem Verfahren beteiligt 
gowesen ist. 
Ein Richter oder Hilfsrichter darf während der ganzen Dauer seines Amtes 
weder als Agent noch als Anwalt vor dem Internationalen Prisenhof auftreten 
noch dort für eine Partei in irgendwelcher Figenschaft tätig sein. 
Art. 18. Die nehmende Kriegsmacht hat das Recht, einen höheren Marine- 
offizier zu bestellen, der als Beisitzer mit beratender Stimme an den Sitzungen 
teilnimmt. Dasselbe Recht steht der neutralen Macht zu, die selbst Prozeß- 
partei ist, sowie der Macht, deren Angehöriger Prozeßpartei ist; wenn nach dieser 
etzten Bestimm mehrere beteiligte Mächte vorhanden sind, so haben sie 
sich, nötigen Falles durch das Los, über den zu bestellenden Offizier zu verständigen. 
Art. 19. Der Prisenhof wählt seinen Präsidenten und seinen Vizepräsidenten 
nach der absoluten Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Nach zwei Wahlgängen 
eriolgt die Wahl nach relativer Mehrheit; bei Stimmengleichheit entscheidet 
a8 . 
. v. Liszt, Völkerrecht. 11. Aufl. 32
	        
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