8 8. Die Stastsgewalt in ihrer inneren Selbständigkeit. 69
Kollektivprotektorat von Deutschland, Großbritannien und den Ver-
einigten Staaten standen seit dem Vertrage vom 14. Juni 1889 die Sa-
moainseln, bis die Aufteilung durch den deutsch-englischen Vertrag vom
14. November 1899 erfolgte (Deutschland erhielt dabei die beiden
Hauptinseln Savaii und Upolu)®). Der von England zurückeroberte
Sudan steht kraft des Rechts der Eroberung unter der gemein-
samen Herrschaft von England und Ägypten“). Eine Art von Kondo-
minat haben Frankreich und Großbritannien über die im Stillen Ozean
gelegener. Neuen Hebriden auf Grund des Vertrages vom 16. November
1887, bestätigt durch den Vertrag vom 8.April 1904 und die Kon-
vention vom 27. Februar (20. Oktober) 19065). Über Herrschaft zu ge-
trennten Teilen vgl. unten $ 9 Note 5.
8. Die Gebietshoheit kann, wie die Staatsgewalt überhaupt, durch die
zugunsten anderer Staaten übernommenen oder auferlegten Verpflichtungen
beschränkt sein.
So kann ein Staat verpflichtet sein: a) auf seinem Gebiet die
Ausübung eines Hoheitsrechtes durch einen andern Staat zu dulden;
oder b) auf seinem Gebiet die Ausübung eines eigenen Hoheitsrechtes
zu unterlassen.
Beispiele für a: die Einräumung eines Besetzungs- oder Durch-
zugrechts, einer Kohlenstation, einer Fischereigerechtsame®).
Beispiele für b: die Befriedung gewisser Gebiete (unten $ 40 ]).
Ferner die nicht seltenen Befestigungsverbote. So die durch Artikel 33
des Pariser Vertrages von 1856 Rußland auferlegte Verpflichtung, die
Aalandsinseln nicht zu befestigen und hier militärische und mari-
(nimmt einen rein tatsächlichen Zustand gemeinschaftlicher Verwaltung an), ab-
« weichend von E. XXX1259. Ebenso Fleischmaiin.
3) N.R.G. 2. s. XV 571; XVI301; XXX 652. Strupp U99, 103, 105.
Generalakte der Samoakonferenz (herausgeg. von der Deutschen Kolonialgesell-
schaft). 1899.
4) Ebenso v. Grünau und Blanchard (oben $ 3 Note 18). Dagegen erklärt
v. Dungern den Sudan für einen souveränen Staat; aber auch nach ihm sind
Träger der Souveränität Großbritannien und Ägypten. Über den englisch-ägyp-
tischen Vertrag vom 19. Januar 1899 (Fleischmann 289, Strupp II 34) vgl.
R.G. VI169. Gegen seine Gültigkeit Dedreux (unten $27 IV 1 Note 12) S. 116
und die von ihm Angeführten. — Ganz eigenartige Verhältnisse ergeben sich
aus den französisch-spanischen Marokkoverträgen (oben $3 Note27, 34). Die
beiden Staaten üben eine räumlich geteilte Schutzherrschaft über Marokko
aus; Verträge bezüglich des Gesamtgebietes werden aber, unter Zustimmung
Spaniens, von Frankreich geschlossen.
5) Abgedruckt N. R. G. 3, s. 1523 sowie Strupp Il 171. Vgl. dazu Politis,
R.G. VIII121, XIV 689. Brunet, Le regime des Nouvelles Hebrides. 1907.
6) Das bekannteste Beispiel bietet die im Utrechter Frieden 1713 zugunsten
Frankreichs bestellte Fischereigerechtsame an der Küste von Neufundland,
auf die Frankreich im Vertrage mit England vom 8. April 1904 Verzicht geleistet
hat. Literatur darüber bei Strupp 133, II 167 Note 2.