Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

$ 9. Der Umfang des Staatsgebietes. 75 
Jahrzehnt, insbesondere zur friedlichen Aufteilung von Afrika, vor- 
genommen worden ist und immer noch vorgenommen wird, bedeutet 
zunächst nur die vertragsmäßige Einräumung eines ausschließlichen 
Okkupationsrechtes; sie berechtigt und bindet daher unmittelbar nur 
die vertragschließenden Teile. Aber der Verzicht des zunächst an den 
Erwerbungen interessierten Vertragsgegners und die ausdrückliche oder 
stillschweigende Zustimmung der übrigen Mächte, denen von dem 
Vertrage Mitteilung gemacht worden ist, muß wohl weitergehend als 
die Einräumung eines absoluten auch gegen jeden Dritten wirkenden 
Rechts gedeutet werden (unten $ 21 IV 3). 
So erscheint das ‚Hinterland‘ als eine Vorstufe des Staatsgebietes, 
dem sie, durch allmähliche Einrichtung von Verwaltung und Rechts- 
pflege, schrittweise einverleibt wird, ohne daß es dabei jedesmal einer 
besonderen Mitteilung an die übrigen Mächte bedürfte. 
Dieser Auffassung entspricht es, wenn z. B. durch die Ver- 
ordnung vom 2.Mai 1894 (R.G.Bl. S.461) der Reichskanzler ermäch- 
tigt wird, „für diejenigen innerhalb einer deutschen Interessensphäre 
in Afrika gelegenen, zu dem Schutzgebiete bisher nicht gehörenden 
Gebietsteile, hinsichtlich deren der fortschreitende Einfluß der deut- 
schen Verwaltung die Vereinigung mit dem Schutzgebiete angezeigt 
erscheinen läßt, die hierzu erforderlichen Anordnungen .... zu 
treffen”. 
Dieser Auffassung entspricht es ferner, wenn das Deutsche Reich 
in den Verträgen mit Großbritannien vom 5.Mai 1894 (R.G.Bi. S. 535) 
und mit den Niederlanden vom 21.September 1897 (R.G.Bl. S.747) 
einerseits zur Auslieferung der aus dem fremden in das deutsche 
Hinterland geflüchteten Verbrecher sich verpflichtet, andrerseits die 
Eingeborenen dieser Gebiete ebenso wie die deutschen Staatsangehörigen 
von der Auslieferung ausnimmtt). 
II. Zum Staatsgebiet gehört außer dem Landgebiet auch das Staatswasser- 
gebiet im Mutterland wie in den Nebenländern, das durch die Eigengewässer 
oder „Hoheltsgewässer‘‘ des Staates (die „nationalen‘‘ Gewässer im engern 
Sinne) gebildet wird. 
1. Eigengewässer, also Staatsgeblet, sind die nationalen Ströme, die 
nationalen Kanäle, sowie die Binnenmeere und Binnenseen Im engern Sinne. 
Kraft der autonomen Gebietshoheit kann der Uterstaat, soweit er durch Ver- 
träge nicht gebunden ist, den Angehörigen anderer Staaten die Schilfahrt wie 
4) Von den deutschen Verträgen über die Abgrenzung unserer Hinterländer 
sind hervorzuheben: Verträge mit England: 6. April 1886 (Stiller Ozean), 1. No- 
vember 1886, 1. Juli 1890 und 23. Februar 1901 (Ostafrika), 15. November 1893 
(Zentralafrika); mit Portugal: 30. Dezember 1886 (Ostafrika); mit Frankreich: 
15. März 1894 (Kamerun); 23. Juli 1897 (Togo). Vgl. N.R.G. 2. s. XI 505; XTI 
298; XV 497; XXV 415; XXX 492. Vgl. Zorn, Deutsche Kolonialgesetzgebung 
1901, sowie die oben Note 3 angefährte Schrift von van Ortroy.
	        
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