Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

8 9. Der Umfang des Staatagebietes. 17 
2. Binnenseen im weiteren Sinne (mare clausum) sind solche, die mit 
dem offenen Meer in schiffbarer Verbindung stehen. Sie unterliegen der Ge 
bietshohelt des sie umschließenden einen Uterstaates nur dann, wenn dieser 
such die Verbindung mit dem Meere vollständig beherrscht. Sie sind dagegen 
offenes Meer, soweit eine dieser beiden Bedingungen nicht zutrifft. 
Nur im ersten Falle sind die Binnenseen Eigengewässer, so daß 
der Uferstaat souverän über die Zulassung Staatsfremder zu Schiffahrt 
und Fischerei bestimmt; im zweiten Falle dagegen stehen sie, wie 
die offene See selbst, den Schiffen aller Flaggen frei. So ist das Asowsche 
Meer geschlossene, das Schwarze Meer offene See. Die Meerengen, 
welche die Verbindung zwischen zwei Teilen der offenen See her- 
stellen, stehen, soweit nicht besondere Vereinbarungen eingreifen®), 
unter dem Grundsatze der Meeresfreiheit (darüber unten $ 26 II); und 
zwar auch dann, wenn beide Ufer unter der Staatsgewalt desselben 
Staates stehen. 
IH. Erweiterungen des Staatsgeblets. 
1. Der Luftraum oberhalb der durch die Staatsgrenzen umschriebenen 
Land- und Wasseroberfläche gehört zum Staatsgebiet, steht also grundsätz- 
lich unter der Staatsgewalt.”) 
Die Frage, die zunächst durch die Luftschiffahrt angeregt 
worden ist, ist in Friedenszeiten, wie im Kriege von großer Bedeutung. 
So lange internationale Vereinbarungen nicht getroffen sind, hat jeder 
Staat das Recht, die Luftschiffahrt in seiner Luftzone autonom zu 
regeln; er kann fremden Luftschiffen, namentlich solchen der Militär- 
  
6) Über die Hudson-Bai: Balch, R.J. XLIII 539 (der s sie für freies Meer 
erklärt). 
7) Vgl. v. Holtzendorff, H.V.II230. Fauchille, Le domain aörien 
et le rögime juridique des aörostats. 1901 (R.G. VIII414.) Scholz, L. A. XIX 
600. Annuaire XXIV23, 303. Dupuis, R.G. XVIIl 628. Fleischmann, 
Zeitschrift für Sozialwissenschaft XI 788. Grünwald, Das Luftschiff in völker- 
rechtlicher und strafrechtlicher Beziehung. 1908. Derselbe, L. A. XXIV 1%. 
Meurer, Luftschiffahrtsrecht. 1909. Meili, Das Luftschiff und die Rechts- 
wissenschaft. 1909. Nys, R.J. XXXIV 503. Hilty, L. A. XIX 87. A. Meyer, 
Die Luftschiffahrt in kriegsrechtlicher Bedeutung. 1909. Zitelmann, Luft- 
schiffahrtsrecht. 1910. v. Bar, D.J.Z. XVI1026. Hazeltine, The law of 
theair 1911. Catellani, Il diritto aereo. 1911. Bielenberg, Die Freiheit des 
Luftraums. Heidelberger Diss. 1911. Peucker, Luftschiffahrtrecht. Leipziger 
Diss. 1911. Kohler, Luftfahrtrecht. 1912. Richards, Sovereignety over the 
Air. 1912. 27. und 28. Konferenz der International Law Association S. 213, 
bez. 494. Mörignhac, R.G. XXI205. Gareis 72. Me6rignhac II398. Nys 
1568. Rivier 131. — Für das im Text vertretene Souveränitätsprinzip auch 
Meurer, Kohler, A. Meyer, Zitelmann, Westlake, Hazeltine, Hershey, 
Richards, Meörignhaco. Fauchille und die meisten romanischen Schriftsteller 
gehen von dem Prinzip der „Freiheit der Luft‘‘ aus, dessen Unhaltbarkeit der 
Weltkrieg (Haltung der Neutralen) klar erwiesen hat.
	        
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