6 Einleitung.
lange suchte man den Schein eines gemeinschaftlichen Besitzes aufrecht
zu erhalten durch hierauf gehende Worte und Formen, durch Bestellung
eines geringen Zinses von den beiderseitigen Gütern, durch gegenseitige
Annahme der Titel und Wappen u. s. w. 2) Eine solche Belehnung
zur gesammten Hand, wodurch mehrern Häusern für den Fall, daß
eines derselben aussterben sollte, das Successionsrecht in deren Lehen
zugesichert wurde, hatte vor der Eventualbelehnung, auch nachdem die
hieraus entstandenen Rechte vererblich geworden waren, mannigfache
Vortheile voraus. Bei den unsichern rechtlichen Zuständen des Reiches
und der schwankenden Macht des Kaisers war es von der größten
Wichtigkeit, sich die Zustimmung des Hauses, dem man succediren
wollte, zu verschaffen. Die Eventualbelehnung aber ging nur von dem
Lehnsherrn aus, während die Gesammtbelehnung, wie es scheint, nur
auf Antrag der Parteien erfolgte. 3) Verband sich nun mit diesem
Successionsrecht in die Lehengüter auch eine gegenseitige Nachfolge in
das Allodialgut, so daß das Erbrecht das gesammte Besitzthum der
mehrern Häuser umfaßte, so war hiermit ein neues Institut, das der
Erbverbrüderung, entstanden, das aus dem Rahmen des Lehenrechts
zwar herausgetreten war, dessen eigenthümlicher Charakter aber den
Grundsätzen des gemeinen Rechts in hohem Grade widersprach.
Die frühsten Beispiele einer Erbverbrüderung finden wir im Anfange
des 14. Jahrhunderts; die erste, von der wir sichere und ausführliche Kunde
haben, wurde zwischen dem Markgrafen Ludwig von Brandenburg und
seinen Brüdern, den Herzögen von Bayern, unter Vermittlung und
Bestätigung des Vaters, des Kaisers Ludwig des Bayern im Jahre
4334 abgeschlossen. Zwar soll schon in der zweiten Hälfte des 13.
Jahrhunderts eine Erbverbrüderung zwischen dem Markgrafen Heinrich
2) Vgl. über diese Entwicklung, die wir hier nur andenten können, Homeyer a.
a. O. Pfeiffer über die Ordnung der Regierungsnachfolge in den monarchischen
deutschen Staaten Bd. I. p. 376 und ff. Duncker Gesammteigenthum p. 80 u. sf.
3) Vgl. die von Duncker a. a. O. und Pfeiffer a. a. O. angeführten Beispiele.