Full text: Die Erbverbrüderungen zwischen den Häusern Sachsen und Hessen und Sachsen, Brandenburg und Hessen.

98 Dogmatische Erörterungen. 
Stande, dem zu Folge die Schwiegersöhne zwar einen Theil der Erb— 
schaft erhielten, aber erklären mußten, daß dies kein Präjudiz für spä— 
tere Fälle sein und der Erbverbrüderung und ihren Bestimmungen 
keinen Abbruch thun soll. 237) Sowohl in dem 16. wie in dem 17. 
und 18. Jahrh. finden wir häufig die Erbverbrüderung dazu benutzt, 
die Töchter gegen eine geringe Abfindungssumme ihres Erbrechts zu be- 
rauben, sowohl von Seiten der hessischen wie der sächsischen Fürsten beider 
Linien. Einzelne Anführungen werden als Beweis genügen. Auf die Erb- 
verbrüderung berufen sich aus dem angegebnen Grunde das Testament 
des Landgrafen Ludwig IV. von Hessen von 1586, 258) die hessischen 
Erbverträge von 1628 und 1638, 39) das Testament des Herzogs 
Ernst des Frommen von Gotha von 1654 und 1672, 240) das Testa- 
ment des Herzogs Friedrich Wilhelm von Altenburg von 1668.24) 
Nach des letztern Tode (1672) machte seine Schwester, die mit dem 
Herzoge von Sachsen-Weissenfels vermählt war, Ansprüche an seine 
Allodialhinterlassenschaft. Aber der Kurfürst Johann Georg von 
  
von Ossa, der damals Professor zu Leipzig war. Dieser spricht sich mit Entschieden- 
heit dahin aus, daß die Erbverbrüderung nur auf den Fall des Aussfterbens des 
ganzen Hauses sich beziehen kann: Vud das es mit obangezeigter Vorordnung (die 
Erbverbrüderung) diese Meinung gehabt, erscheinet auch aus deme, das solche Vor- 
sehung vie es mit der Tochter Abfertigung solte gehulten werden, allein ofn Fal ge- 
richt, wan ein fürstlich Geschlecht ohne Leibslehnserben genzlich abginge (Archiv der 
sachsischen Geschichte herausgeg. von Arndt Bd. II. S. 35). — 
237) Quittung des Churfürsten vou Brandenburg, Michaelis 1540: „unverschadt 
des Haus zu Sachsen Altherkommen, Gewohnheit, Verbrüderung und Gerechtigkeit.“ 
(Brandenburg. und Hessische Forderung bei Herzog Heinrichen 1539 Fol. 139 Dresd. 
St.-Arch.). Quittung des Landgrafen 1541 Sonnabends nach Galli „doch in aller- 
wege der Erbverbrüderung zwischen den Häusern Sachsen und Hessen an Abbruch.“ 
(Herzog Morizens zu Sachsen Handlung mit Landgraf Philippsen zu Hessen 1541 
bis 1543 Fol. 34. Dresd. St.-Arch.). 
238) Kopp Bruchstücke zur Erläuterung der deutschen Geschichte und Rechte Bd. 
II. S. 135. 
339) Lünig Reichsarchiv Pars Spec. Cont. II. S. 776. 789. 873. Moser 
Familienstaatsrecht Bd. I. 696. 
240) Lünig a. a. O. S. 470. 609. 
241) Lünig a. a. O. S. 582.
	        
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